Was genau ist am Freitag vor und nach dem Spiel des VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin wirklich passiert? Gegenüber unserer Online-Redaktion äußern sich jetzt beteiligte Fans.

Stuttgart-Bad Cannstatt - Es waren Szenen wie im Krieg. So zumindest beschreiben viele Anhänger die Vorkommnisse, die sich am Freitagabend rund um das Bundesliga-Heimspiel des VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin (0:0) ereigneten.

 

Verletzte Polizisten, ein verletztes Polizeipferd, der Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken und sogar das Abfeuern dreier Warnschüsse - klar, dass auch manch unbeteiligtem Anhänger Angst und Bange wurde.

Während die Polizei ihr Vorgehen weiterhin verteidigt ("Nach dem Spiel ging es darum, die Fangruppen am Cannstatter Bahnhof zu trennen. Deshalb haben wir die Zugänge gesperrt. Wenn wir nicht dagewesen wären, hätte es eine Massenschlägerei gegeben. Letztlich geht doch die Sicherheit vor") und auch den "massiven Einsatz" von Pfefferspray und Schlagstöcken nicht verneint, schildern beteiligte und teilweise szenekundige Anhänger die Vorfälle von Freitagabend gegenüber unserer Online-Redaktion, wollen dabei aber nicht namentlich genannt werden:

"Das war wirklich krass, weil ein Mob von locker 200 Mann vermummt durch Bad Cannstatt gerannt ist. Die ganzen Flaschen-, Stein- und Metallstangenwürfe hat es tatsächlich gegeben. Aber ich habe auch gesehen, wie die Polizei mit Schlagstöcken auf die Menschen eingeschlagen hat", erzählt ein Fan, der Heimspiel für Heimspiel in der Cannstatter Kurve steht und schon diverse Vorkommnisse auch bei Auswärtsspielen erlebt hat.

Ein anderer, der bei den meisten Vorfällen ganz in der Nähe war, sagt: "Man kam kaum dazu sein Handy rauszuholen, weil ständig von überall her Polizei angerannt kam." Er widerspricht aber auch einigen Darstellungen der Polizei: "Was ich bisher gelesen habe, entspricht nicht dem, wie es wirklich war. Und ich war eigentlich bei allem dabei. Wenn da etwas von 'eine Streife in den Hinterhalt gelockt' steht, ist das echt ein Witz."

Die Pistole auf die Menge gerichtet?

Außerdem sagt er: "Es wurden auch auf jeden Fall mehr Stadionbesucher verletzt als Polizisten. Zum Beispiel nach den Warnschüssen sind alle gerannt und die Polizei kam entgegen und hat mit Pfefferspray und Schlagstöcken einfach in die Menge geschlagen."

Dann bezieht er Stellung zu den Warnschüssen und äußerst ein besonders brisantes Detail: "Was auch nicht erwähnt wird, ist, dass der Polizist vor den Warnschüssen seine Waffe erstmal in die Menge gerichtet hat. Ich stand davon etwa fünf bis zehn Meter weg."

Die Polizei verneint dies und sagt: "Die Schüsse wurden in die Luft abgegeben und auch die Waffe wurde nicht auf die Menge gerichtet. Das ist auf dem Video zu sehen."

Doch will der VfB-Fan die Polizei nicht nur verurteilen. Zu den Vorkommnissen vor dem Spiel sagt er: "Da standen viele schon vor der Cannstatter Kurve. Dann hat irgendeiner einen Anruf bekommen, dass die Karlsruher am Bahnhof sind. Dann sind alle losgerannt, haben sich vermummt und sind kurz vor dem Netto-Supermarkt am Cannstatter Bahnhof links in eine Seitenstraße gerannt. Da war am Ende dann schon Polizei, und in dieser Straße wurden auch die Scheiben von den Autos eingeschlagen und die Mülltonne auf das Pferd geworfen."

Überhaupt habe sich das Gewaltpotential einiger schon vor dem Spiel angedeutet: "Um 17 Uhr haben sich ja schon alle am Bahnhof getroffen. Und die meisten hatten da schon Handschuhe an und waren schwarz angezogen."