Ausschreitungen in Stuttgart Strobl relativiert eigene Aussage über linksextreme Randalierer

Innenminister Thomas Strobl sagte knapp eine Woche nach den Ausschreitungen in Stuttgart, dass sich auch Linksextreme unter die Randalierer gemischt hätten. Er bleibt im Kern bei seiner Darstellung, obwohl die Polizei anderes behauptet.
Stuttgart - Hat Thomas Strobl (CDU) Informationen über die Krawallnacht vom 20. Juni, die den Ermittlungsbehörden nicht vorliegen? Baden-Württembergs Innenminister machte Linksextreme für die Randale mitverantwortlich und bleibt bei seiner Darstellung, obwohl die Polizei zu ganz anderen Ergebnissen gekommen ist. Auch wenn Strobl die Beteiligung von Linksextremen nicht länger als Fakt darstellt, hält er daran fest, dass er dies für wahrscheinlich halte.
Strobl hatte gegenüber unserer Zeitung vor einigen Tagen über die Zusammensetzung der randalierenden Gruppen gesagt: „Da ist alles dabei – vom Betrunkenen bis zum gewalttätigen Linksextremisten.“ Zwar hätten Linksextreme nicht von Anfang an mitgemischt, die Situation später aber ausgenutzt und Gewalttaten verübt. Strobl sagte auch: „Sie haben keine untergeordnete Rolle gespielt.“
„Es spricht freilich vieles dafür“
Diese Aussagen widersprechen den aktuellen Ermittlungsergebnissen der Polizei, der überhaupt keine Hinweise auf linksextreme Trittbrettfahrer bekannt sind. „Das Polizeipräsidium Stuttgart hatte zur Pressekonferenz keine Hinweise auf eine linkspolitische oder überhaupt eine politische Motivation für diese Gewalttaten und hat diese auch weiterhin, wenn abzielend auf eine mögliche Urheberschaft, nicht“, sagte Stefan Keilbach, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart, auf Nachfrage. Das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg unterstützt die Stuttgarter Polizei bei ihren Ermittlungen und teilt diese Bewertung.
Keilbach fügte seinem Statement hinzu, dass in der Innenstadt nie auszuschließen sei, dass „auch Einzelpersonen aus dem linken Spektrum anwesend sind und dass solche an den Aktionen teilgenommen haben.“ Baute Strobl seinen Verdacht auf solche Etwaigkeiten? Oder besitzt er Informationen, die die Polizei nicht besitzt oder nicht bereit ist, preiszugeben? Womöglich gehen die Aussagen auch auf Schlussfolgerungen mancher Polizisten zurück, denen die Sturmmasken mancher Randalierer verdächtig vorkamen.
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„Bislang jedenfalls liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Ausschreitungen eine geplante, vorbereitete Aktion der linksextremistischen Szene gewesen seien“, lässt sich Thomas Strobl vom Innenministerium nach einer Anfrage unserer Zeitung zitieren. Und schwächt die zuvor gemachte Aussage ab: „Es spricht freilich vieles dafür, dass sich – nachdem die Krawalle losgebrochen sind – auch Personen aus dem linken Spektrum beteiligt haben.“ Die Frage, was seiner Ansicht nach genau dafür spreche, beantwortete der Innenminister nicht.
37 Tatverdächtige, kein Linksextremer darunter
Auch wenn die Beweislage einer Beteiligung Linksextremer an den Ausschreitungen in Stuttgart dünn anmutet, bedeutet das nicht, dass Linksextreme in Stuttgart niemals den Konflikt mit der Polizei suchten. Erst wenige Wochen zuvor, Anfang Juni, berichtete die Polizei, dass mutmaßlich Linksextreme am Rande einer „Black Lives Matter“-Demo Polizeiautos beschädigt hätten. Später sollen rund 500 Personen vor dem Polizeipräsidium in der Innenstadt an die Türen hämmernd „Ganz Stuttgart hasst die Polizei“ skandiert haben. Die Demo-Veranstalter distanzierten sich von den Attacken.
Bezogen auf die jüngste Krawallnacht konnte die Polizei jedoch noch keinen Beschuldigten mit gesichertem linksextremem Hintergrund präsentieren. Mittlerweile haben die Strafverfolgungsbehörden aber weitere Tatverdächtige aus der jüngsten Krawallnacht ermittelt. Insgesamt 37 Personen seien identifiziert worden, wovon sich 13 in Untersuchungshaft befinden. Die Ermittlungsgruppe „Eckensee“ zählt ganze 117 Polizisten.
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