Zwei Fraktionen dürfen der Regierung mit einem Untersuchungsausschuss auf den Zahn fühlen. Dass diese nicht der gleichen Partei angehören dürfen, will aber die AfD-Fraktion nicht einsehen. Sie verklagte den Landtag. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nächste Woche.

Stuttgart - Im Streit um das Nein des Landtags zu einem Untersuchungsausschuss „Linksextremismus in Baden-Württemberg“ wird der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung nächste Woche verkünden. Die AfD-Fraktion wendet sich in einer sogenannten Organklage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Einsetzung des Ausschusses vor rund einem Jahr. Eine Tendenz, wie der Verfassungsgerichtshof am 13. Dezember entscheiden könnte, ließ Präsident Eberhardt Stilz bei der Verhandlung am Freitag aber nicht so recht durchblicken.

 

Der Fall ist sehr speziell: Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses war im August 2016 von der AfD-Fraktion sowie von einer nur kurzzeitig bestehenden ABW-Fraktion gestellt worden. Zu dieser hatte sich ein gutes Dutzend vorübergehend abtrünniger AfD-Mitglieder zusammengeschlossen. Heute existiert die ABW-Fraktion nicht mehr.

Einhaltung von Fristen relevant

Das Problem: Als die beiden aus AfD-Politikern bestehenden Fraktionen den Antrag stellten, verlangte das Gesetz nur, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss von zwei Fraktionen verlangt wird. Vorgabe erfüllt, dachten sich die in anderer Sache zerstrittenen AfD-Mitglieder damals und forderten die Untersuchung des Linksextremismus im Land.

Da machten die vier etablierten Fraktionen von Grünen bis FDP nicht mit - und änderten kurzerhand die Vorgaben. Mit großer Mehrheit beschloss der Landtag eine Ergänzung: Es wurde eingefügt, dass die Mitglieder der beiden Fraktionen, die einen Ausschuss verlangen dürfen, verschiedenen Parteien angehören müssen. Die AfD-Fraktion sieht in diesem Schachzug ihr Gleichbehandlungsgebot verletzt. Rückwirkend Rechte abzuerkennen, sei verfassungsrechtlich bedenklich.

Die Gesetzesänderung trat am 10. Oktober 2016 in Kraft, am 11. Oktober kehrten die abtrünnigen Abgeordneten der ABW-Fraktion zur AfD-Fraktion zurück. Einen Montag später lehnte der Landtag die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ab. Fast genau sechs Monate später beantragte die AfD-Fraktion ein Organstreitverfahren. Am Freitag wurde klar, dass damit möglicherweise auch verschiedene Fristen nicht eingehalten worden sein könnten. Auch darüber hat der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden.

„Hoch komplexe“ Angelegenheit

Der rechtspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Rüdiger Klos, sprach nach der Verhandlung von einer „hoch komplexen“ Angelegenheit. Landtagsdirektor Berthold Frieß sagte, er sehe der Entscheidung gelassen entgegen. Minderheitenrechte im Parlament seien „ein hohes Gut“, mit dem man sorgsam umgehen müsse.

Hintergrund der kurzlebigen Doppelexistenz von zwei Fraktionen aus AfD-Politikern war damals der Streit um den Umgang mit Antisemitismus. Der damalige Fraktionschef Jörg Meuthen konnte sich mit dem geplanten Rauswurf des wegen antisemitischer Äußerungen umstrittenen Wolfgang Gedeon nicht durchsetzen, verließ mit einem Dutzend Abgeordneter die Fraktion und gründete wenig später die Fraktion der Alternative für Baden-Württemberg (ABW). Sie bestand von Juli bis Oktober 2016. Dann waren AfD und ABW wieder eins.