Das Land und die Investmentbank Morgan Stanley haben nach Auffassung der Rechnungshofexpertin Hilaria Dette im Poker um die EnBW-Anteile völlig falsche Spielregeln angewandt.

Stuttgart - Die Rechnungshofdirektorin Hilaria Dette hat vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags ihren Prüfbericht zum umstritten EnBW-Aktiendeal verteidigt. Bei dem Geschäft seien Grundsätze der Landeshaushaltsordnung und der Landesverfassung ignoriert worden, sagte die promovierte Juristin am Freitag vor dem Gremium in Stuttgart. Sie hatte den Rechnungshofbericht federführend verfasst, der dem Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) und seinen Beratern schwere Fehler beim Rückkauf der Anteile vom französischen Konzern EdF für 4,7 Milliarden Euro bescheinigt. Grüne und SPD prüfen derweil, wie die Berater zur Verantwortung gezogen werden können.

 

Nach Meinung Dettes hat die Beraterbank Morgan Stanley den Interessen ihres Kunden, des Landes, nicht Rechnung getragen. Sie habe nicht dazu beigetragen, dass der aus Sicht des Landes günstigste Preis erzielt wurde. Die zur Wertermittlung angewendete „Fairness opinion“ aufgrund öffentlich zugänglicher Informationen sei nicht das „geeignete Instrument“ gewesen. Stattdessen hätte eine Due Diligence auf Basis unternehmensinterner Unterlagen erstellt werden müssen. „Ich fordere, dass eine Bank, die ein Land berät, sich auch mit den Vorschriften des Landes auseinandersetzt und dies auch in ihrer Beratung berücksichtigt“, betonte Dette.

Morgan Stanley hatte den Prüfern des Landesrechnungshofes vor einigen Tagen Inkompetenz vorgeworfen. Den Vorwurf der Bank, sie habe zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses des Gutachtens nicht alle Informationen im Gutachten berücksichtigt, wies Dette zurück. Sie betonte, der Deal sei durch Mappus weder sorgfältig vorbereitet worden noch ausreichend begründet gewesen. So habe im Dezember 2010 keine Gefahr bestanden, dass die Energieversorgung zusammenbreche; deshalb sei das genutzte Notbewilligungsrecht am Parlament vorbei nicht zu rechtfertigen gewesen. Auch der von Mappus für sein Geheim-Geschäft angeführte Zeitdruck und eine vermeintlich erforderliche Neugestaltung der Eigentümerstruktur der EnBW sei nicht nachzuvollziehen. „Die EdF wollte nicht unbedingt verkaufen, und das wusste auch Herr Mappus.“ Ein Neuordnung sei auch mit Hilfe des Großaktionärs der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) möglich gewesen. Doch dieser sei gar nicht gefragt worden.

Ein Preis zum Schaden der Steuerzahler

Überdies monierte Dette, dass der Preis von 39,90 Euro pro Aktie als Obergrenze nicht gehalten worden sei. „Da wäre Verhandlungsmasse gewesen.“ Ohne Not sei der Preis auf 40 Euro gerundet worden. Folge: ein um 11,2 Millionen Euro erhöhter Preis zum Schaden der Steuerzahler. Auch der Dividendenforderung von 1,50 Euro pro Aktie hätte man nicht unbedingt nachgeben müssen. Der Rechnungshofbericht hatte zu staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Mappus, den damaligen Staatsminister Helmut Rau und früheren Landesfinanzminister Willi Stächele (beide CDU) wegen Untreue geführt. Gegen den ehemaligen Chef von Morgan Stanley Deutschland und Intimus von Mappus, Dirk Notheis, wird wegen Beihilfe dazu ermittelt. Die Transaktion am Landesparlament vorbei war zuvor vom Staatsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden.

Grüne und SPD im En-BW-Untersuchungsausschuss halten im Lichte von Dettes Aussagen mögliche Schadenersatzforderungen gegen die Beraterbank für immer besser begründet. Sie sähen dadurch ihre Kritik an der Beraterleistung des Instituts bestätigt, sagten die Obmänner im Ausschuss, Uli Sckerl (Grüne) und Andreas Stoch (SPD). Die Landesregierung, die das Klagerecht habe, prüfe die Frage derzeit. Das Land fordert in einem Schiedsgerichtsverfahren 834 Millionen Euro von den Franzosen zurück.