Außenminister Guido Westerwelle (FDP) setzt im Syrienkonflikt trotz des drohenden Militärschlags der USA weiter Hoffnung in die Diplomatie. "Die gewonnene Zeit muss genutzt werden, um im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine gemeinsame Haltung der Weltgemeinschaft zu erreichen", sagte er.

Berlin - Außenminister Guido Westerwelle (FDP) setzt im Syrienkonflikt trotz des drohenden Militärschlags der USA weiter Hoffnung in die Diplomatie. "Die gewonnene Zeit muss genutzt werden, um im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine gemeinsame Haltung der Weltgemeinschaft zu erreichen", sagte er am Sonntag zur Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, sich ein militärisches Vorgehen gegen Syrien wegen des mutmaßlichen Giftgasangriffs vom Kongress absegnen zu lassen.

 

"Die Entscheidung von Präsident Obama zeigt, wie ernsthaft und besonnen der Abwägungsprozess in den Vereinigten Staaten von Amerika erfolgt", sagte der Außenminister am Rande einer Veranstaltung in Bonn. Die Weltgemeinschaft dürfe nicht wegsehen, wenn zum ersten Mal im 21. Jahrhundert grausame Chemiewaffen eingesetzt werden, sagte Westerwelle weiter. "Insbesondere Russland ist jetzt gefragt, im Sicherheitsrat eine konstruktive Haltung einzunehmen."

Die Bundeskanzlerin sieht ebenfalls Moskau, aber auch die chinesische Regierung in der Pflicht: "Es ist sehr bedauerlich, dass sich Russland und China seit langer Zeit einer gemeinsamen Haltung im Syrien-Konflikt verweigern, das schwächt die Rolle der UN derzeit erheblich", erklärte Angela Merkel (CDU) der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Es könne "ein Tabubruch wie der Einsatz von Giftgas mit Hunderten von Toten nicht ohne Folgen bleiben", hielt sie in dem Interview fest, das noch vor Obamas Rede geführt worden war.

Deutsche Beteiligung ausgeschlossen

Der Bürgerkrieg wird nach ihren Angaben auch Thema auf dem G20-Gipfel am Donnerstag/Freitag im russischen St. Petersburg sein. "Am Rande werden natürlich auch außenpolitische Themen diskutiert. In diesem Jahr mit Sicherheit auch gerade das Thema Syrien", sagte Merkel am Samstag in einer Videobotschaft.

Merkel schloss eine deutsche Beteiligung an militärischen Aktionen ohne internationales Mandat kategorisch aus. "Deutschland kann sich an Militäreinsätzen im übrigen nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen, der Nato oder der EU beteiligen - insofern stellt sich die Frage nach einer Beteiligung der Bundeswehr jetzt ohnehin nicht."

Niebel setzt auf Diplomatie

Auch Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) befürwortete eine diplomatische Lösung des Konflikts. "Auch wenn die Situation sich gerade zuspitzt: Eine nachhaltige Lösung kann nach allen Erfahrungen am Ende immer nur eine politische sein, die alle gesellschaftlichen Kräfte einschließt", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Zugleich fügte er hinzu: "Herr Assad kann nicht mehr Teil dieser Lösung sein."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, forderte die Bundesregierung zur Loyalität mit ihren Partnern auf. Der "fatale Fehler" in der Libyen-Krise vor zwei Jahren, als Deutschland mit seiner Enthaltung den Verbündeten "in den Rücken gefallen" sei, dürfe sich nicht wiederholen. "Jetzt besteht die Chance, den Fehler von damals zu korrigieren", sagte Graumann dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag).

Dagegen sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag: "Mich erschüttert, dass als Antwort immer nur das Militär genannt wird. Es gibt die Möglichkeit, endlich harte Sanktionen durchzusetzen." Roth schloss sich ebenso wie im Magazin "Focus" der Außenexperte der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, Forderungen an, Syriens Präsidenten Baschar al-Assad vor den Internationalen Gerichtshof zu stellen.