Eine Parteikommission hat aufgeschrieben, wie sie sich die Außenpolitik der Zukunft vorstellt. In der Russland-Politik will die SPD den Bruch mit ihrer bisherigen Aufstellung vollziehen.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

An einem lässt SPD-Chef Lars Klingbeil keinen Zweifel. „Deutschland muss eine starke Führungsrolle einnehmen“, sagt er im Willy-Brandt-Haus, als er das Papier „Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch“ der SPD-Kommission internationale Politik vorstellt.

 

Die SPD will ihre Außen- und Sicherheitspolitik auf dem Parteitag im Dezember neu aufstellen – das Papier soll eine Grundlage liefern. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine geht es darum, Fehler der Vergangenheit klar zu benennen, aber auch zu definieren, wie Deutschland sich in einer multipolaren Welt einbringen soll. Es gebe eine starke Erwartung an Deutschland, einer gewachsenen Verantwortung gerecht zu werden. Es sei an der Zeit, eine jahrzehntelange Zurückhaltung aufzugeben und sich stärker einzubringen, sagt der SPD-Chef. „Führung heißt nicht sich über andere hinwegzusetzen“, fügt er hinzu. Es gehe einerseits um einen kooperativen Führungsstil, andererseits aber eben auch darum, anderen Orientierung zu geben.

Bekenntnis zu den Ausgabenzielen der Nato

Klingbeil fordert, die SPD und die deutsche Außenpolitik müssten viel stärker in unterschiedlichen Szenarien denken. Es sei eines der großen Probleme der Russland-Politik gewesen, dass man sich auf ein bestimmtes Szenario geradezu habe verlassen wollen, sagt er

„Das Festhalten an der Annahme, mit immer stärkeren wirtschaftlichen Verflechtungen langfristig zu einer Demokratisierung und Stabilisierung Russlands beizutragen, war ein Fehler“, heißt es in dem SPD-Kommissionspapier. Klarer kann man sich von der eigenen Russland-Politik der Vergangenheit kaum distanzieren.

Ausdrücklich benennt das Papier das Militär als Mittel einer „wirkungsvollen Friedenspolitik“: Zu ihr gehörten neben Diplomatie und Entwicklungspolitik auch die militärischen Fähigkeiten in den Sicherheits- und Verteidigungsbündnissen, heißt es. Damit verbunden ist das Bekenntnis zum Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. In der Vergangenheit hatte die SPD die Vorgabe als nicht sinnvoll abgelehnt und auch in Wahlkämpfen gegen sie polemisiert.

Keine Entkopplung von China

Mit Blick auf China spricht sich das Papier gegen eine Abkopplung aus – Ziel müsse aber sein, Risiken zu verringern. Für Deutschland gehe es konkret „um die Diversifizierung von Wirtschaftsbeziehungen, um wirtschaftliche Abhängigkeiten von China zu minimieren“.

Und was sagt der Kanzler? „Wenn ich den Bundeskanzler gerade richtig im Präsidium verstanden habe, dann findet er das Papier ganz gut“, sagt Klingbeil. „Und das ist für einen Hanseaten ja schon mal ein großes Kompliment.