Die Stimmen für Hannelore Poré gehen trotz ihres Todes vor einigen Wochen an das Parteifreie Bündnis (PFB) in Kernen, für deren Liste sie kandidierte.
Der Gedanke wirkt befremdlich bis surreal, aber er ist nicht unrealistisch: Da wird ein Kandidat zum Stimmenkönig gewählt – und kann dann nicht mehr ins Lokalparlament einziehen, weil er verstorben ist. Derartige Fälle sind zwar äußerst selten, aber es gibt sie. Und das Besondere: die Stimmen sind keineswegs verloren, sondern werden der Partei oder Gruppe zugerechnet, auf deren Liste der oder die Verstorbene stand.
Hannelore Poré ist am 11. Mai unerwartet verstorben
Konkret gilt dies für Kernen im Remstal. Dort ist die 1938 geborene Hannelore Poré, Kandidatin des Parteifreien Bündnisses (PFB), am 11. Mai dieses Jahres unerwartet verstorben. In einer Trauerfeier in der Glockenkelter Stetten erinnerte das Bündnis vor rund zwei Wochen an das Leben der Seniorin, die 1953 in die damalige Anstalt Stetten kam. Neue Stimmzettel konnten wegen der Kürze der Zeit nicht mehr gedruckt werden. „Da sie weiterhin auf dem Wahlzettel steht, kann sie trotzdem noch gewählt werden und die Stimmen für sie zählen für das Gesamtergebnis des PFB“, erläutert Eberhard Kögel, Erster Vorsitzender des Bündnisses.
Auf diese Besonderheit hat das Bündnis auch in einer ganzseitigen Anzeige im Mitteilungsblatt der Gemeinde hingewiesen – samt Foto mit Hannelore Poré in der Mitte der vorderen Reihe.
Das Stuttgarter Innenministerium bestätigt auf Nachfrage diese Wahlarithmetik: Da die Aufstellung und die Zulassung der Wahlvorschläge schon einige Zeit vor der Wahl erfolgt, ist es möglich, dass Kandidaten vor dem Wahltag sterben oder die Wählbarkeit verlieren, zum Beispiel durch Wegzug aus der Gemeinde. Die für solche Kandidaten abgegebenen Stimmen bleiben gültig, denn der Gesetzgeber hat hierfür im Kommunalwahlgesetz keine Ungültigkeit bestimmt.
Stimmen sollen nicht verloren gehen
„Das wäre auch unangemessen, denn die Wähler müssen sich darauf verlassen können, dass sie alle auf den Stimmzetteln aufgeführten Kandidaten wählen können, ohne einen Verlust ihrer Stimmen befürchten zu müssen“, erläutert Sprecher Patrick Knapp. Die auf eine verstorbene Kandidatin entfallenen Stimmen zählen somit für ihren Wahlvorschlag. Der Sitz geht dann an denjenigen Kandidaten des gleichen Wahlvorschlags mit der nächsthöheren Stimmenzahl.
Ähnliche Fälle aktuell in Bretten und Pforzheim
Wie häufig derartige Konstellationen vorkommen, dazu hat das Ministerium keine Erkenntnisse. Der Staatsanzeiger berichtet aktuell über die SPD im badischen Bretten, Überschrift: „Verstorbener Kandidat bleibt auf der Liste.“ Und die Badischen Neuesten Nachrichten versahen Ende April den Artikel über eine verstorbene Freie Wählerin mit dem Titel: „Was die tote Kandidatin auf dem Pforzheimer Wahlzettel bedeutet.“