Wer auf den Gmünder Zeiselberg wandert, kann von dort eine Stadtführung von oben machen. Der Landschaftsarchitekt Jörg Stötzer hat den Berg in den blühenden Stadtrundgang integriert und ihn der Stadt damit sozusagen zurückgegeben.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Schwäbisch Gmünd - Eigentlich hat Professor Jörg Stötzer seine Arbeit längst getan. Trotzdem ist der 74-Jährige noch einmal nach Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) gefahren und hat den Zeiselberg bestiegen. „Ich wollte sehen, wie es aussieht, wenn die Pflanzen gewachsen sind“, sagt der Landschaftsarchitekt aus Hechingen im Zollern-Alb-Kreis. Er ist zufrieden. Der Berg färbt sich allmählich wieder grün, sogar die ersten Weinstöcke wachsen am Hang, an dem er als Hingucker drei bunte Weinberghäuschen platziert hat. Touristen trinken in dem Biergarten unter den zwei alten Linden auf dem Gipfel Most und Radler, Kinder rutschen die 24 Meter lange Riesenrutsche hinunter, Jugendliche hocken auf den Mäuerchen ringsum.

 

Der Zeiselberg ist ein Ausläufer der Schwäbischen Alb, der sich bis in die Altstadt von Schwäbisch Gmünd schiebt. Wer oben steht, kann mit den Augen eine Stadtführung machen. Der Blick wandert vom 700 Jahre alten und fast 40 Meter hohen Königsturm über das jüdische Viertel mit der Alten Synagoge, die Stauferbasilika und das Rathaus bis zum Heilig-Kreuz-Münster mit seinem riesigen Kirchenschiff und dem winzigen Turm darauf. Im Hintergrund erheben sich der Lindenfirst und der Taubentalwald und begrenzen den Platz der 61 000 Einwohner großen Stadt. Als „Perle in der Muschel“ hat die Schriftstellerin Ricarda Huch Schwäbisch Gmünd wegen dieser Lage und ihrer Schönheit beschrieben.

Der Gmünder Zeiselberg fristete lange ein Schattendasein

Während in Freiburg die Studenten seit Jahrzehnten auf den Schlossberg pilgern und vom dortigen Biergarten aus die Aussicht auf die Stadt genießen, fristete der Gmünder Zeiselberg ein Schattendasein. In früherer Zeit hatte es eine Restauration gegeben, doch erst zur Landesgartenschau im Jahr 2014 wurde dort wieder ein provisorischer Biergarten eröffnet und eine Aussichtskanzel angelegt. Die tatsächliche Rückeroberung des Hausbergs, der mit einer Höhe von knapp 400 Metern über dem Meeresgrund die Stadt um bis zu 60 Meter überragt, gelang aber erst jetzt als Beitrag zur Remstal-Gartenschau.

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„Der Berg war von Robinien und Brombeersträuchern total zugewuchert“, sagt Stötzer. Vor allem fehlte ein direkter Zugang von der Stadt. Stötzers Idee war es, den Berg in den blühenden Stadtrundgang zu integrieren, der zur Landesgartenschau geschaffen wurde. Stufenlos über eine Rampe geht es nun in Serpentinen von der Stadt hinauf und wieder hinunter. Eine neue attraktive Fußwegverbindung sei auf diese Weise entstanden, sagt der Stadtsprecher Markus Herrmann. Deshalb seien sogar Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz geflossen.

Der Verkauf von Glücklichtern als Sponsoring-Idee

Sponsorengeld gab es auch. Die Leute könnten ja symbolisch die Holzplanken für den Weg finanzieren, fand der Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU). Stötzer wollte aber gar keine Planken. „Bei der Steigung wäre das zu rutschig gewesen.“ Er bevorzugte Beton. „Dann lassen Sie sich für das Sponsoring halt etwas einfallen“, entschied Arnold. Die erlösende Idee kam Stötzer in einer schlaflosen Nacht. „Wir verkaufen Glücklichter.“ Entlang des Wegs hat er Halbedelsteine wie Rosenquarz, Bergkristall oder Amethyst in die Begleitmauer eingelassen. In verschiedenen Größen blitzen sie hinter kleinen Bullaugen hervor. Bei Dunkelheit beleuchten sie sogar den Weg – aber nur wenn jemand kommt. Ein Bewegungsmelder knipst Stein für Stein das Licht an.

Wer am Wochenende zum Zeiselberg kommt, hat sogar die Chance auf eine Abkühlung. Die Erhebung ist von einem System unterirdischer Gänge durchzogen. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es angelegt. 700 Meter lang sollte der Stollen werden, 16 Türen und 50 Aborte waren vorgesehen. Dort sollten die Gmünder den Bombenkrieg überstehen und den Endsieg erwarten. Daraus wurde nichts. Nur einmal, kurz vor Kriegsende im Jahr 1945, wurde der Stollen für die Zivilbevölkerung geöffnet. Luftangriffe auf die historisch bedeutsame, aber industriell uninteressante Stauferstadt waren selten. Die Gefahr zu ersticken war größer als die Bedrohung durch die Fliegerangriffe. Bis heute hapert es an der Belüftung. Auch deshalb werden die Besucher nur in streng begrenzten Kontingenten herein gelassen.

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