Der Einkorn ist die höchste Erhebung im Hohenloher Land, steht seit 1963 unter Landschaftsschutz und ist fast vollständig bewaldet. Der Genussbotschafter Frieder Wieland kennt den einstigen Wallfahrtsort wie seine Westentasche.

Schwäbisch Hall - Wer einen Ausblick haben will, muss bekanntlich hinauf. In diesem Fall 510 Meter, so hoch ist der Einkorn, die höchste Erhebung im Hohenloher Land. Die Zahl bezieht sich freilich auf Normalnull, vom Fuß bis zum Gipfel des Hügels beträgt die Höhendifferenz gerade mal 130 Meter. An diesem schwülen Sommertag hat Frieder Wieland ausnahmsweise das Auto genommen. Wir treffen den Mann mit dem Strohhut und Hündin Alma an der Leine im Biergarten; dahinter erheben sich die einstige Kirche, heute eine Ruine, und der 30 Meter hohe König-Karl-Turm aus dem Jahr 1893.

 

Wieland kennt den Einkorn wie seine Westentasche: 20 Jahre lang hat der gebürtige Reutlinger am Fuß des Berges gewohnt und viele Stunden in den weitläufigen Wäldern zugebracht. Als „Genussbotschafter“, wie er sich nennt, führt er im Herbst Besucher an ergiebige Pilzstellen, und im Frühjahr begleitet er sie zum Sammeln frischer Kräuter.

Wie hingetupft: große Bauernhöfe und nette Dörfer

Der Haller Hausberg mit dem sich anschließenden, rund vier Kilometer langen Höhenzug – den Limpurger Bergen – steht seit 1963 unter Landschaftsschutz und ist fast vollständig bewaldet. Lediglich in Richtung Südwesten bietet sich dem Betrachter ein weiter Blick über das Hügelland: gelbe Getreidefelder, saftige Wiesen, dunkle Wälder und dazwischen – wie hingetupft – große Bauernhöfe und die Dörfer Rauhenbretzingen, Gschlachtenbretzingen, Michelbach an der Bilz.

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Der Kocher ist von hier oben nur zu erahnen, tief hat sich der Fluss in den Muschelkalk gegraben. Einer Spielzeugeisenbahn gleich rollen Waggons in Richtung des Bahnhofs Hessental. Güterzüge haben Abraum von Stuttgart 21 an Bord, die im nahen Steinbruch entsorgt werden. „Bei klarem Wetter sieht man hier sogar bis zum Hohenstaufen“, Frieder Wieland deutet in Richtung Schwäbische Alb.

Die Windräder bringen manchen hier auf die Palme

Den idyllischen Blick trüben lediglich gewaltige Windräder, die sich im Einkornwald, über dem dahinter liegenden Städtchen Gaildorf sowie im Mainhardter Wald gegen Stuttgart hin drehen – und so manchen hier auf die Palme bringen. Jetzt müssen Mann und Hund aber die Hangkante räumen. Zwei Männer vom Hängegleiterclub Einkorn beanspruchen die Absprungstelle für ihren Sport. Der Pilot zieht einen rot-weiß-gelben Gleitschirm nach vorne und ordnet die Schnüre. Ein letzter Blick nach hinten, und schwupp, springt er los und hebt ab. Die Thermik ergreift den großen Schirm und trägt den darunter im Gurtzeug sitzenden Mann weit hinaus.

Apropos Sport: Auf der anderen Seite des Berges, am Nordhang, habe der örtliche Ski- und Tennisclub früher mal einen Lift betrieben, erinnert sich Wieland. Wie so manches Haller Kind hat er hier seine ersten Erfahrungen auf Skiern gemacht. Wann das letzte Mal Schnee auf dem Einkorn liegen geblieben ist, weiß er nicht mehr genau. Es ist auf jeden Fall lange her. Auch die Magerwiese an der Freifläche könnte ein bisschen Feuchtigkeit vertragen. Wieland bückt sich und zeigt auf einige dürre Pflänzchen: „Hier haben wir eine Glockenblume, und das hier ist Feldthymian, auch Quendel genannt.“

Auf dem Einkorn kann man sogar übernachten

Ursprünglich war der Einkorn ein Wallfahrtsort. Verbrieft ist der Beginn des Wallfahrens im Jahr 1472. In seinem Büchlein „Der Einkorn“ beschrieb der Pfarrer und Heimatforscher Willi Bidermann das Geschehen: „Mit dem Wallfahren verbanden die Hilfesucher ein ,grasmal‘, das heißt, man ließ sich im Gras nieder und leerte ,flaschen und speissecken‘.“ Geschäftstüchtige Wirtsleute aus Hall, so Bidermann, brachten Essen und Trinken an den Wallfahrtsort. Dafür ist nach wie vor gesorgt. Das aus dem Jahr 1745 stammende Gasthaus und der Biergarten sind ein beliebtes Ausflugsziel der Haller Bürger. Wer mit Wurst und Weck im Gepäck wandert, kann an einer der großen Feuerstellen seine Mahlzeit einnehmen. Und sogar hier oben übernachten: Zur Einkorn-Gaststätte gehört ein Hostel mit sieben Doppelzimmern und einem großen Schlafsaal für zwölf Personen. Einziger Wermutstropfen für den Einkorn-Freund Wieland: Seit der kürzlich erfolgten Neuverpachtung der Gastronomie gibt es auf dem Haller Hausberg kein Haller Bier mehr. „Unmöglich“, schimpft er. Da kann man ihm eigentlich nicht widersprechen.

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