Wer sich für den Stuttgarter Norden von anno dazumal interessiert, ist in der Ausstellung „Nordgeschichte(n)“ im Einkaufszentrum Killesberghöhe richtig.

S-Nord - Die erste Ausstellung war vor gut 14 Jahren, die Bücher können nur noch im Internet für viel Geld gekauft oder im Antiquariat aufgestöbert werden, denn auch die dritte Auflage ist ausverkauft. Doch Jörg Kurz, der in seiner Ausstellung und seinem Buch „Nordgeschichte(n)“ das Wohnen und Leben der Menschen im Stuttgarter Norden in früheren Zeiten so lebendig und anschaulich beschreibt, lässt zumindest die Ausstellung wieder aufleben. Bis zum 18. August sind die spannendsten und wichtigsten Etappen der Entwicklung des Stadtteils im Einkaufszentrum Killesberghöhe zu sehen. Center-Managerin Birgit Greuter hat dafür extra ihr Büro zur Verfügung gestellt. „Die Kosten von 2000 Euro für die Stellwände übernehmen die Geschäftsleute“, sagt sie. Die Idee hinter der Wiederaufnahme der Ausstellung: „Es sind viele Menschen neu hergezogen, die sich für die Vergangenheit des Stadtbezirks interessieren. Und andere haben sich in jungen Jahren vielleicht nicht dafür interessiert, aber mit dem Älter werden ist das Interesse gekommen“, sagt Greuter. Am Sonntag, 4. August, führt Jörg Kurz die Besucher von 14 bis 17 Uhr sogar selbst durch die Historie.

 

Jörg Kurz ist ein Phänomen, eine sprudelnde Quelle, was sein Wissen über die Geschichte Stuttgarts und der zeitgenössischen Prominenz angeht. Denn ob Fotos, Andenken oder Erzählungen: Vieles hat der Hobbyhistoriker von den Menschen selbst oder von Menschen, die die Menschen gekannt haben, die er ins historische Visier nimmt: Wie im Hause der Industriellenfamilie Bosch gelebt und vor allem was dort gegessen wurde, das weiß er zum Beispiel durch eine betagte Freundin seiner Frau, deren Tante Köchin im Hause Bosch war.

Geschichte(n) aus erster Hand

Was in den Bereich der Legende, was in den der Wirklichkeit gehört, das recherchiert Kurz akribisch. „Die Erzählungen für die Nachwelt festzuhalten und zu dokumentieren ist wichtig, weil es mit dem Tod dieser Menschen sonst für immer verloren ginge“, sagt er. Und das ist wohl auch die Motivation für seine Arbeit, die in Büchern wie „Vom Affenwerner zur Wilhelma“ oder kurz und bündig „Feuerbach“, „Gänsheide oder „Der Killesberg“ Niederschlag findet. Auf seiner Liste mit Zeitzeugen, die sich im Lauf seiner Recherchen und mit jedem Buchprojekt erweitert hat, standen ursprünglich 30 Namen. „Bis auf drei musste ich alle streichen, weil sie verstorben sind“, sagt Kurz – und sieht sich selbst als Geschichte(n)-Bewahrer. „Das ist ein großer Schatz“, ist er überzeugt.

Was die Geschichte des Nordens so interessant macht: Es treffen ganz unterschiedliche Welten aufeinander: das ehemaligen Millionärsviertel am Herdweg, die sozial unterschiedlich geprägten Siedlungen vom Postdörfle bis zum Weißenhof. Und warum der Weißenhof Weißenhof heißt? Natürlich weiß Kurz das: Nicht, weil die Häuser alle weiß sind, sondern weil dort ein Bäcker namens Georg Philipp Weiß (1741 bis 1822) seine Brötchen gebacken und auf der Feuerbacher Heide Weizen, Kartoffeln und Hopfen angebaut hat. 1793 ließ Weiß den Weißenhof bauen, das Wohnhaus zu seinem Gut.