Die Stadt Böblingen hätte als Kurort getaugt. Eine neue Ausstellung im Bauernkriegsmuseum zeigt ihre gesunde Seite – vom Badehaus im Mittelalter über das Sanatorium bis hin zur Therme.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Auf der einen Seite steht ein hölzerner Zuber, auf der anderen Seite prangt ein großes Farbfoto an der Wand. Es zeigt lachende Menschen, die es sich in einem Whirlpool gut gehen lassen. So sieht der Anfang und das Ende der Böblinger Kurortgeschichte aus, wie sie in einer neuen Ausstellung in der Zehntscheuer gezeigt wird. Cornelia Wenzel hat die Idee dazu schon lange mit sich herumgetragen. „Ich fand das Thema unheimlich spannend“, sagt die Leiterin des Bauernkriegsmuseum. Denn wer käme heutzutage auf die Idee, Böblingen den Zusatz Bad zu verleihen? Dabei hätte die Stadt tatsächlich das Zeug zum Kurort gehabt. „Es passte aber nicht mehr zum Image, der Ruf als Industriestandort war wichtiger geworden“, erklärt Cornelia Wenzel den Wandel.

 

Schön mondän wirken die Bilder aus den vergangenen Zeiten. Als die Menschen noch Postkarten aus dem Luftkurort Böblingen verschickten, auf denen die Dächer der Altstadt und das Schloss auf dem Berg abgebildet waren. Als Böblingen noch seinen eigenen Zauberberg auf der Waldburg hatte mit dem Sanatorium Schönbuch, dessen 1901 erstelltes weißes Gebäude mit den zwei Türmchen fast wie ein Märchenschloss aussieht. Die Stadt hatte zwar nicht einmal 10 000 Einwohner, dafür aber andere Qualitäten zu bieten: Wald und Wasser. Schon Herzog Ludwig von Württemberg, der im 16. Jahrhundert lebte, bezeichnete Böblingen als seine Apotheke. Der Stuttgarter Adel kam gern aus dem Talkessel herauf, um sich bei der Jagd zu erholen.

Bürgerinitiative für eine Badeanstalt

„Böblingen hat sich damit gerühmt, dass die Luft hier besonders rein und frei sei“, erzählt Cornelia Wenzel. Im Mittelalter bot eine Badstube am Unteren Tor, wo heute der Elbenplatz ist, die erste Form von Wellness. Ein Dokument aus dem Jahr 1437 beweist, dass es sie gegeben hat. Zwei Mal die Woche hatte der Bader geöffnet, ein Pfennig kostete das Vergnügen und am Faschingsdienstag gab es ein Freibad. Zum Wasser hatte Böblingen schon immer eine besondere Beziehung: die beiden künstlich angelegten Seen tauchen erstmals 1344 in einer Urkunde auf, als die Pfalzgrafen von Tübingen den Ort an die Württemberger abtraten. Das Schwimmen in den Gewässern wurde dann im 19. Jahrhundert offiziell zum Thema: Die Bürger gründeten eine Initiative namens Badcomite, die 1878 erfolgreich die Einrichtung einer Badeanstalt beim Murkenbach forderte.

Böblingens Hochphase als Luftkurort spielt sich dann Anfang des 20. Jahrhunderts ab. An der Heuwegflosche, wo sich heute das Waldheim der Arbeiterwohlfahrt befindet, lockte eine Anlage zum Luft- und Wasserbaden. Das erste Freibad der Stadt entstand an der Stelle. Und ein anderes Foto zeugt davon, wie sich die Menschen damals zum Erholen herausputzten: Im Ausflugslokal trug man Anzug, Krawatte und Spitzenkleid. Die Errichtung des Sanatoriums für Tuberkulose-Patienten durch den wohlhabenden Stuttgarter Lungenarzt Carlos Kraemer hatte sogar zwei Kurhäuser zur Folge: das Hubertus am Tannenberg und die Waldburg, die eine frühe Form der heutigen Wellness-Hotels darstellten. Übrig geblieben ist von alldem bekanntermaßen wenig. Dem Zweiten Weltkrieg fielen die meisten Einrichtungen zum Opfer. Das Sanatorium wurde 1970 geschlossen, weil es keine Patienten mit dieser Krankheit mehr gab, und schließlich vor ein paar Jahren abgerissen.

Ausstellung kommt gerade rechtzeitig

„Ich finde es wichtig, immer wieder die Stadtgeschichte aufleben zu lassen“, sagt Cornelia Wenzel. „Nach Böblingen zur Kur!“ heißt die Ausstellung, die mit Bildern, Infotafeln und Anschauungsobjekten viele Überraschungen bietet. Sie kommt gerade rechtzeitig: Denn im Dezember feiert die Therme ihr 25-jähriges Bestehen. Kurort wollte Böblingen am Ende des 20. Jahrhunderts zwar nicht mehr sein. Aber nach dem Fund des Thermalwassers 1983 entschied man sich dennoch – nach langer Diskussion – zum Bau des Bads.

Von der Eröffnung bis zur Dernière

Auftakt
Die Ausstellung „Nach Böblingen zur Kur!“ wird am Sonntag, 12. Oktober, um 11.15 Uhr eröffnet. Die Bürgermeisterin Christine Kraayvanger und die Museumsleiterin Cornelia Wenzel begrüßen die Besucher. Die Stuttgarter Saloniker machen Musik dazu. Das Deutsche Bauernkriegsmuseum befindet sich in der Zehntscheuer in der Pfarrgasse 2 am Rand der Böblinger Altstadt.

Zwischenspiel
Am 23. Oktober und am 15. Januar bietet Cornelia Wenzel eine After-Work-Führung durch dieses Kapitel der Stadtgeschichte. Beginn ist jeweils um 18.15 Uhr. Weitere Führungen mit der Ausstellungskuratorin gibt es an den Sonntagen 26. Oktober, 23. November und 11. Januar jeweils um 11.15 Uhr. Bei der Langen Nacht der Museen am 15. November ist das Museum von 19 Uhr an dabei.

Finale
Mit einem Kurkonzert am 22. Februar um 19 Uhr findet die Ausstellung zu Böblingens Karriere als Kurort einen würdigen Abschluss. Die Stuttgarter Saloniker spielen entsprechende Musik. Im Eintrittspreis von 18 Euro ist ein Kurgetränk enthalten. Das Bauernkriegsmuseum hat mittwochs bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 13 bis 18 Uhr, sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.