Die Aquarelle von Wolfgang Eichenbrenner sind nicht so ganz typisch für diese Maltechnik. Der Künstler strukturiert bis ins Detail und arbeitet mit sehr viel Farbe.

Gerlingen - Der Titel ist so vielfältig wie die Ausstellung. „Wasser-Farben-Bilder“ heißt die neue Schau im Gerlinger Rathaus. Die Aquarelle von Wolfgang Eichenbrenner aus Stuttgart-Bad Cannstatt sind von Sonntag an zu sehen. Der 69-Jährige macht manches anders, als es der ambitionierte Aquarell-Mal-Anfänger in seinen ersten Kursen lernt. Kein kleiner Block fürs Malen vor Ort – die meisten Formate Eichenbrenners sind sehr groß. Keine sanften, im Wasser verlaufenden Pastelltöne – Eichenbrenner arbeitet mit viel Pigment und kräftigen Farben. Keine abstrakten Farbflächen – Eichenbrenner hält sich in den meisten seiner Aquarelle ans Konkrete und arbeitet seine Motive detailliert aus. Also eine Ausstellung nicht nur für die Freunde der Aquarelltechnik.

 

Der Mann, der jahrzehntelang als Sonderschullehrer tätig war und dabei Kindern auch die Grundzüge künstlerischen Gestaltens beigebracht hat, gliedert seine sehr dicht gehängte Ausstellung – manchmal ist weniger wirklich mehr – in motivisch gegliederte Abteilungen. Zum Beispiel die Blumenbilder gleich im Eingangsbereich. Ist das glücklich, wo doch das Ungewöhnliche, das Überraschende, viel weiter hinten und oben im ersten Stock zu finden ist?

Viele Motive im Gegenlicht

Apropos überraschend. Eichenbrenner stellt sehr viele Motive im Gegenlicht dar – mit Schatten, die dem Betrachter entgegenkommen. Ein gutes Beispiel ist das Bild vom Stuttgarter Schlossplatz. Da sind die Schattenpartien farbig und durchgezeichnet, nicht ein schwarzer Strich, wie man es durchaus auch hätte machen können. Nicht nur in diesem Bild ist der Wille des Malers zum Detailreichtum zu erkennen. Er malt mit Wasserfarben, was mit Acryl oder Öl auch hätte gelingen können.

Wolfgang Eichenbrenner zeigt kein motivisches Einerlei, er streut die Orte seines malerischen Wirkens breit. Stuttgarter Perspektiven tauchen da ebenso auf, vom Blick von der Karlshöhe und dem Bismarckturm bis zum Kunstgebäude und über den hässlichen Wilhelmsplatz in Cannstatt. Weiter weg führen den Betrachter die Motive von der Alb, aus München oder Berlin. Bemerkenswert das Bild „Blaue Stunde“ aus Hamburg: eine fast schon abstrakte Studie mit Blick über Brücken hinweg. Und dann geht es auch nach Griechenland oder Italien – mit ihren typischen lichtdurchfluteten Motiven.

Kleine Wasserflecken sind fast verborgen

Aquarell-typisches, wie zum Beispiel kleine Wasserflecken oder das nicht bemalte Weiß des Papiers, findet der Betrachter erst beim näheren Hinsehen, zum Beispiel in dem Motiv aus Venedig. Die Stadt ist ob der dortigen Wasserdominanz für Aquarellisten wie geschaffen. Wasser braucht man nicht nur beim Aquarellieren, es lässt sich mit Wasserfarben auch gut darstellen. Eichenbrenner zeigt ein Bild, das der Betrachter aus zwei Perspektiven anschauen muss, will er beide Ansätze erkennen: aus der Ferne das Motiv am Kanal an sich, aus der Nähe die winzigen Details des Arbeitens mit Wasserfarbe.

An den großen Formaten arbeite er mehrere Tage, erzählt der gebürtige Stuttgarter. Und er erläutert seinen Weg vom Benutzen der zarten Farben am Anfang seines künstlerischen Wegs vor gut 30 Jahren bis zum kräftigen Einsatz der Pigmente. „Die Farbe lebt erst dadurch, dass sie in unterschiedlichen Hell-Dunkel-Flächen präsent ist“, sagt er. Noch eines sei für sein Schaffen wichtig: „Ich schaue mir an, ob ein Motiv malbar ist oder nicht malbar.“ Hat er Zweifel, macht er zunächst ein Foto oder eine Bleistiftskizze – und entscheidet sich zuhause, ob er das Motiv mit dem Pinsel ausarbeiten will. Auch der Betrachter kann entscheiden. Zum Beispiel, welches Bild er toll findet.