Der Syrer Iyad Wanlyi und die Stuttgarterin Cana Yilmaz zeigen im Linden-Museum Fotografien aus einer Stuttgarter Notunterkunft. Iyad Wanlyi ist Student. Nach seiner Flucht aus Syrien war er dort untergebracht.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Er nennt sie liebevoll Maria. Denn für Iyad Wanlyi ist seine Kamera weit mehr als ein technisches Gerät, mit dem er Momente digital festhalten kann. Für ihn ist sie eine Möglichkeit, das, was er mit ansehen musste, zu verarbeiten.

 

Iyad Wanlyi ist Student und stammt aus Syrien. Als dort der Krieg ausbrach, fing er an zu fotografieren. Dann kam die Flucht, Wanlyi schaffte es mit seinem Bruder nach Deutschland und wurde in Stuttgart in einer Notunterkunft untergebracht. Ohne Familie, ohne Kamera. Doch dann lernte er Cana Yilmaz kennen. Und bekam Maria.

Aber eins nach dem anderen: Cana Yilmaz ist eine Stuttgarter Fotografin, die sich entschieden hatte, ein halbes Jahr im Sozialdienst mit Flüchtlingen zu arbeiten. „Ich wollte mir die Situation vor Ort anschauen, weil mein Thema auch Migration und Identität ist, ausgehend von meinen eigenen türkischen Wurzeln“, sagt sie. Zunächst war ihr Job ein sehr bürokratischer: Sie half, Anträge auszufüllen, erklärte den Flüchtlingen die nächsten Schritte, stellte den Kontakt zur Ausländerbehörde und zum Sozialamt her – sprich: Sie half ihnen beim Ankommen. Auf diese Weise freilich lernte sie viele Schicksale kennen, „allein schon, weil man in einer Turnhalle eng beisammen ist“.

Es sind nachdenklich stimmende Fotos entstanden

Und sie lernte Iyad Wanlyi kennen. Die Liebe zur Fotografie verband die beiden sofort – und Yilmaz half Wanlyi, über die Plattform Refugees Welcome to Stuttgart eine Kamera sowie einen Laptop zur Bildarchivierung zu beschaffen. „Letztlich schenkte ihm jemand die Kamera“, sagt Yilmaz.

Es ist diese Menschlichkeit, die auch vonseiten der Flüchtlinge, Ehrenamtlichen, Sozialarbeiter und des Security-Personals zu spüren war, die Yilmaz „berührt und inspiriert“ hat. Zusammen mit Wanlyi und seiner Maria fing sie an, in der Notunterkunft, einer Turnhalle, zu fotografieren. Entstanden sind nachdenklich stimmende Fotos, die aber auch Lichtblicke zeigen. „Immer wieder sieht man darauf, wie Kinder mit schwierigen Situationen umgehen – sie verlieren ihr Lachen nicht“, sagt Yilmaz.

Ausstellung eröffnung am 21. November

Dieses Lachen zeigen die beiden Fotografen nun in der Ausstellung „Vom Ankommen“ im Linden-Museum. Zudem bringen sie Menschen, die sie in der Notunterkunft kennengelernt haben – deutsche Akteure sowie syrische Flüchtlinge –, auf ein Podium. Zusammen soll darüber gesprochen werden, wie es den Flüchtlingen geht, was sie erlebt haben und wie sie ihr Leben in Deutschland empfinden. Nicht jeder wird seine Maria gefunden haben. Zu hoffen bleibt aber, dass alle ihr Lachen irgendwann wiederfinden.

Die Ausstellungseröffnung im Linden-Museum, Hegelplatz 1, ist am Montag um 20 Uhr. Die Diskussion ist am Dienstag, 19 Uhr, im Linden-Museum. Die Gäste: drei junge syrische Geflüchtete, Denis Bieler (Sozialarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt), Patricia Söltl (Refugees Welcome to Stuttgart), Serkan Eren (Balkan Route Stuttgart), Gari Pavkovic (Integrationsbeauftragter der Stadt).