Das Porschemuseum blickt mit einer Werkschau über Hanns Lohrer auf die Avantgarde der Grafik.

Stuttgart - Übernahme hin oder her: Porsche gilt bei vielen noch als Familienbetrieb. Der VW-Chef Ferdinand Piëch ist ja auch nur ein Enkel des Überpatrons Ferdinand Porsche. Dass nicht nur das Faible für Technik vererbbar ist, sondern auch feiner Kunstsinn und kreatives Gestalten, zeigt nun das Porschemuseum mit einer Schau zu Ehren von Hanns Lohrer.

 

Der Stuttgarter Maler, Grafiker und Plakatkünstler hat in den 50er Jahren der jungen Sportwagenmarke jene Botschaft vorgezeichnet, mit der Porsche noch heute wirbt: Exklusivität, Weltläufigkeit und Sportlichkeit. Letzteres war überhaupt die Möglichkeit für Lohrer, mit den dynamischen Österreichern aus Zuffenhausen ins Geschäft zu kommen. Denn der junge Firmenboss Ferry Porsche hielt „Reklame“ mehr oder weniger für überflüssig. Das Geld wolle er lieber für Erfolge im Motorsport investieren, beschied Porsche seinem ersten Werbeleiter Hermann Lapper.

Plakate sollten von Rennerfolgen künden

Um allerdings die ersten Rennsiege zu dokumentieren, mussten dann rasch Plakate her, die an die Händler eilig verteilt wurden. „ ,Win on Sunday, sell on Monday’ funktionierte damals noch“, sagt der Museumsleiter Achim Stejskal. 1952 zeichnete Lohrer erstmals für Porsche – ein Motorsportplakat. Es war der Beginn einer jahrzehntelangen kreativen Verbindung.Die Vernissage am Dienstagabend im Porschemuseum war intim genug, dass Lohrers Sohn Uwe – selbst lange Jahre Professor an der Pforzheimer Hochschule für Gestaltung – über die Bedingungen für ein Designerdasein in den mageren Aufbruchsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg berichtete. Wie eben eine fünfköpfige Familie in einer 90-Quadratmeter-Wohnung inklusive Atelier sich durchschlug. „Wenn der Werbeleiter der Weltfirma Porsche kam, wurden wir Kinder in ein Zimmer verfrachtet und die Mutter lüftete vorher eine Stunde lang die Wohnung, damit der Mief hinauszog“, sagte Uwe Lohrer.

Auch das Logo der Calwer-Passage stammt von Lohrer

Dank der ersten Industrieaufträge musste dessen Vater nicht mehr Aquarelle von Bauerstöchtern malen, um im Gegenzug mit Naturalien seine Familie durch die Nachkriegsjahre zu bringen. Schnell kamen eine ganze Reihe von typischen Stuttgarter Marken in Lohrers Portfolio hinzu. Ob Mercedes-Plakate, das Logo des Süddeutschen Rundfunks mit dem Fernsehturm, Signets für Bundesgartenschauen – ja, selbst das markante Profil der Stuttgarter Calwer-Passage nebst den schönen Ladenschildern stammt aus der Feder von Hanns Lohrer.

Die Museumskuratorin Nicole Nagel und Porsches Archivleiter Dieter Landenberger waren klug genug, die Sonderausstellung weit über das Thema Porsche hinaus zu gestalten. Die Werkschau zeigt auch zahlreiche außergewöhnliche Aquarell-Bilder von Lohrer. Der Stammgast der Stuttgarter Kult-Weinstube „Kiste“ balanciert da im Selbstporträt ganz gern auch einmal auf dem Glasrand eines Vierteleglases, ohne Stiel, um den Henkel herum.

Seiner Zeit voraus

Aber auch die Autowerbung Lohrers ist von einer Heiterkeit und feiner Ironie geprägt, die so heute kaum mehr möglich wäre, stellen auch die zahlreich geladenen „Porschianer“ fest. Kongenial nahm der Designer die Einwürfe des eher formalistisch-technikaffinen Hausgrafikers Erich Strenger (den Erfinder des Versal-Schriftzuges der Marke) auf. Dass dann aber Kamele, Jagdgewehre, Pudel auf Plakaten und Werbeprospekten sowie feine Damenhandschuhe auf dem Schalthebel des Ur-Models 356 die Markenbotschaften prägten, ist ein Teil der Porschegeschichte. „Lohrer war aber auch handwerklich als Maler und Grafiker top, er hat Pop-Art gestaltet, als man in Deutschland noch nicht wusste wie man das schreiben soll“, sagt Dieter Landenberger. Durch eine unaufdringliche Nachfrage des Sohnes Uwe Lohrer kam der Kontakt zustande, Landenberger wurde auf das reichhaltige Familienarchiv aufmerksam. Und auf das Netzwerk einer Grafikdesign-Avantgarde, die es in 50er und 60er-Jahren in Stuttgart gab: Hier trafen und arbeiteten Anton Stankowski (von dem Schöpfer des IBM-Logos stammt übrigens der Pudel, der immer wieder in den Werbebotschaften der 50er Jahre auftauchte). Aber auch Egon Eiermann oder Willi Baumeister prägten die Zeit – und brachten schon damals die Grenzen zwischen Architektur und Grafik-Design zum Fließen.

Diese Zeitgeschichte in bunten, kräftigen Farben fasziniert nach wie vor: Dina Lohrer, die 23-jährige Enkelin von Hanns Lohrer, hat mitgearbeitet an der Ausstellung. „Ich habe hier ganz neue Seiten meines Großvaters kennengelernt“, sagt die Studentin, die in Karlsruhe lernt: Grafik-Design, was sonst?