Ausstellung in der Fondation Beyeler Basel: „Nordlichter“ Allein in der endlosen Natur

Endlose Natur in Finnland: Helmi Biese malte 1900 den imposanten „Blick von Pyynikki-Grat“. Foto: Finnische Nationalgalerie/Aleks Talve

Es waren mitunter aufregende Expeditionen, als Künstlerinnen und Künstler zum Polarkreis reisten. Was sagen uns ihre Bilder von Seen und Fjorden heute?

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Man hört förmlich, wie der Schnee unter den Füßen knarzt und die Stille des winterlichen Waldes unterbricht. Manchmal genügt der Blick auf ein Gemälde, um sich direkt in die Natur versetzen zu lassen. Wenn das einem Maler gelungen ist, so Gustaf Fjæstad. Vor seinem Bild „Neu gefallener Schnee“ von 1909 fühlt man sich wie auf einem Sonntagsspaziergang, kurz bevor die Dämmerung einsetzt.

 

Gustaf Fjæstad? Der Schwede ist einer unter mehreren Künstlern, die in ihrer Heimat geliebt und gefeiert sind, während die meisten Besucher der Ausstellung „Nordlichter“ vermutlich noch nie von ihnen gehört haben. Nicht von Helmi Biese, Tom Thomson oder Anna Boberg. Sind waren alle „Nordlichter“, kamen aus Finnland, Schweden oder Kanada und malten eben solche Nordlichter – ob es die magischen Polarlichter waren oder die freundlichen Sonnenstrahlen an Tagen, an denen es nie ganz dunkel wird.

In der Fondation Beyeler in Basel kann man nun bequem bis zum Polarkreis reisen, in die Taiga, zu Seen und Fjorden. Als Anna Boberg dagegen vor mehr als hundert Jahren hoch oben im Norden jenseits der Baumgrenze malte und sogar im ewigen Eis der Arktis, waren das noch außergewöhnliche Expeditionen. Immer wieder lebte die Künstlerin über Wochen allein in einem Häuschen auf den Lofoten und malte Bilder in eisiger Kälte. Bei aller Leidenschaft für die überwältigende Natur sieht man ihren Gemälden auch an, dass sie mit den neuen abstrakten Tendenzen der Kunst vertraut war. Boberg hat in Paris Kunst studiert.

Tannen in Tatarstan

Wenn Helmi Biese, eine Künstlerin aus Helsinki, die sommerliche Schärenlandschaft malte, tat sie das nicht nur versiert, sondern vermochte auch die Schönheit dieser weitläufigen, menschenleeren Natur einzufangen. Oder Iwan Schischkin, der aus dem heutigen Tatarstan stammte: Er hat den braun in braun gehaltenen Wald mit seinen umgestürzten Bäumen mit Liebe zum Detail festgehalten, sodass man mitten zwischen diesen düsteren Tannen zu stehen scheint.

Und doch springt bei diesen nordischen Bildern nicht so leicht der Funke über. Das mag an den goldenen Rahmen liegen oder den vergleichsweise kleinen Formaten, in die die endlos weiten Landschaften gepresst wurden. Vielleicht sind auch die heutigen Seherfahrungen schuld, schließlich kennt man diese Naturschauspiele bestens von den vielen brillanten Aufnahmen von Reiseprospekten und Fotokalendern, TV-Dokumentationen oder Schmonzetten. Ob es die imposanten und endlosen Seenlandschaft von Finnland sind, Sonne oder Mond, die sich im Wasser spiegeln, all diese Motive wurden endlos reproduziert.

So sind in der Fondation Beyeler letztlich jene Motive interessanter, bei denen die Malerei sich verselbstständigt – und nicht die Wucht der Natur allein einfangen will. Helmi Biese hat mit schwungvollem Pinselstrich den Wind festgehalten, der übers Wasser peitscht und am Ufer die Bäume biegt. Den „Gletschersee“ von Anna Boberg würde man ad hoc nicht mal mehr als solchen erkennen, so frei und krustig hat sie die Farbe aufgebracht.

Auch berühmte Maler sind in der Schau vertreten

Man sieht, dass auch Emily Carr nicht nur artig wiedergeben wollte, was sie sah. Die Kanadierin wurde 1871 geboren, studierte in Paris und beschäftigte sich in ihrer Malerei vor allem mit der Kultur der indigenen Völker. Ihr Landschaftsbilder in der Ausstellung in Basel wirken ein wenig, als habe sie die Natur durch gewelltes Glas betrachtet. Die Linien ziehen sich wie Spiralen über die Flächen, grad so, als würden Winde zwischen den Baumstämmen wirbeln. So richtig überzeugt das allerdings nicht, sondern wirkt wie ein schematischer Versuch, der Malerei einen neuen Ausdruck abzuverlangen.

Mitten im Schnee: „Mondschein im Winter“ (1895) von Gustaf Fjaestad Foto: Nationalmuseum// Hans Thorwid

Schade, dass von Hilma af Klint nur wenige Werke in der Ausstellung in der Fondation Beyeler zu sehen sind. Die Schwedin, die sich ihr täglich Brot als Zeichnerin im Veterinärmedizischen Institut verdiente, ist mit einem imposanten Sonnenaufgang von 1907 vertreten, der deutlich an Monet erinnert. Der Wald am Abend ist aber geheimnisvoll und magisch – ein Bild, auf dem der Blick lange verweilen kann.

Da kann Prinz Eugen (1856-1947) nicht mithalten. Als Neffe des Königs musste er zwar auch offiziellen Verpflichtungen nachgehen, konnte aber in Uppsala Kunst studieren und sich in Künstlerkreisen bewegen. Er war ein Netzwerker und Liebhaber der Moderne. Seine Bilder, die in Basel gezeigt werden – zum Beispiel der „Orlangen-See“ – sind sehr schön und freundlich anzuschauen, aber auch ein wenig langweilig.

Größter Urwald der Erde

Norden
Als „borealer Wald“ wird das riesige Waldgebiet in der nördlichen Hemisphäre bezeichnet, der sich über Nordamerika, Europa und Asien erstreckt. Er wird auch Taiga oder Waldtaiga genannt und ist der größte Urwald der Erde.

Ausstellung
„Nordlichter“ bis 25. Mai, geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr. adr

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