Die Galerie der Stadt Backnang zeigt Werke der schweizerischen Künstlerin Irene Bisang. Sie hat in Leipzig bei Neo Rauch studiert. Die Ausstellung wird am Freitagabend eröffnet.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Irene Bisangs Lehrmeister hat auch schon in Backnang ausgestellt. Das ist lange her, damals – im Jahr 1999 – war Neo Rauch, heute einer der profiliertesten deutschen Maler, noch völlig unbekannt. Heute stellt Rauch weltweit aus, seine Bilder kosten ein Vermögen.

 

Der Leiter des Kulturamts der Stadt, Martin Schick, hat ein Näschen für Künstler, die eines Tages groß rauskommen könnten. Er sei ständig auf der Suche nach Talenten, sagt er während des Vorab-Rundgangs durch die Ausstellung „Open Sky“ mit Werken der Luzerner Künstlerin Bisang, die am Freitagabend in der Galerie der Stadt eröffnet wird. Die kleinformatigen Zeichnungen, Aquarelle und Leinwände der Malerin aus der Schweiz zeugten von „großem Erfindungsreichtum und sprühender Fantasie“, so Schick. Die Künstlerin verfüge ganz offenkundig über eine präzise Beobachtungsgabe, erzählerische Leichtigkeit und Nonchalance.

Ein knallbunter Kanarienvogel auf dem Damenpopo

Bisang hat sich (auch) der figürlichen Malerei verschrieben, der Betrachter der Werke kann auf den ersten Blick erkennen, was zu sehen ist: zum Beispiel einen Menschen, der einen Handstand macht, oder Pippi Langstrumpf oder Tiere. Auf den zweiten Blick indes kommt man mitunter ins Stutzen. Viele Werke sind humorig und hintersinnig, witzig und doppelbödig. Immer wieder spielt das Thema Sexualität eine Rolle, etwa bei dem Gemälde, das eine nackte Frau turnend über einem übergroßen Knochen zeigt. Auf dem Popo der Dame hat sich ein knallbunter Kanarienvogel niedergelassen. Oder bei dem Bild, das einen großen Penis zeigt, unter dem ein winzig kleiner Schlumpf steht.

Viele schweizerischen Künstler hätten einen ganz speziellen Humor, sagt Martin Schick. Irene Bisang sagt, „die großen Lebensthemen“ spielten in vielen ihrer Werke eine wichtige Rolle, etwa die Geburt und der Tod. Auf einem kaum streichholzschachtelgroßen Bildchen, dem kleinsten in der Ausstellung, schlummert ein Säugling. Auf anderen Zeichnungen tauchen immer wieder Grabsteine auf.

Inszenierte Ausschnitte der Wirklichkeit

Wer die Räume durchstöbert, der bekommt schnell einen Eindruck von dem breiten Spektrum, das die Künstlerin abgedeckt: An den Wänden hängen viele knallbunte Bilder, aber auch Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die auf den ersten Blick aussehen wie alte, leicht vergilbte Fotografien. Die meisten der Vorlagen für diese Bilder habe sie auf Flohmärkten erstanden, erzählt die Künstlerin. Es handelt sich also um anno dazumal ganz bewusst inszenierte Ausschnitte der Wirklichkeit. Zu sehen ist zum Beispiel ein Kind, das einen Hund füttert, oder eine Dame, die vor einem Schminkspiegel Platz genommen hat.

Simone Scholten von der Galerie sagt, man könne auf vielen Bildern kleine Geschichten entdecken – nun, man muss sich diese Geschichten wohl eher zusammenreimen. Was will mir die Künstlerin mit dem Bild sagen, auf dem Kakteen, Küken und eine blaue Kugel zu sehen sind? Das ist keine ganz einfache Frage. Aber man muss sie sich ja gar nicht unbedingt beantworten, kann auch einfach weiter gehen zum nächsten Bild, etwa zu der Zeichnung einer Frau, die mit einem Blatt Papier oder einem Brief im Mund auf allen Vieren auf den Betrachter zukrabbelt.

Wer weiß, vielleicht kommt Irene Bisang ja eines Tages auch so groß raus wie ihr Lehrmeister, der vor gut 15 Jahren zu Gast in Backnang gewesen ist.