Die Freitagsmaler haben ihre fünfte Ausstellung im Rathaus aufgebaut: 66 große und kleine Bilder von Menschen mit Handicap, die Fröhlichkeit ausstrahlen.

Gerlingen - Kerstin Sickinger hat den Nagel auf den Kopf getroffen: Das zentrale Element ihres Bildes „Obstschale“ ist eine knallrote Erdbeere. In Herzform. Die 26-Jährige wollte eigentlich gar kein Herz malen. Aber es ist eines geworden. Und dieses rote Herz, das eigentlich eine Erdbeere ist, sagt viel über die fünfte Ausstellung der Freitagsmaler im Gerlinger Rathaus aus, die am Sonntag eröffnet worden ist. Die Freitagsmaler sind eine besondere Künstlergruppe, die sich seit 15 Jahren einmal pro Woche im Jugendhaus B 15 trifft: Es sind Menschen mit Handicap. „Sie sind unkonventionell, ehrlich und fürsorglich“, sagte ihre Gruppenleiterin, die Kunsterzieherin Sabine Eckle, bei der Vernissage.

 

66 Bilder von 13 „Malakteuren“, wie sie sich nennen, sind ausgestellt – und sie finden Anklang. Das beweisen nicht nur die roten Punkte, die wie bei jeder anderen Ausstellung das Signal „verkauft“ aussenden. Die Besucher lassen sich zu Gesprächen inspirieren, diskutieren schon vor den Reden lebhaft. Es gibt auch viel zu sehen: Blumen, einfach und eindeutig, groß und prägnant, flächen- und kantenbetont, auf wenige Farben reduziert. Ganz anders die Stadt, die wirkt wie aus einem Buch mit orientalischen Märchen: recht- und dreieckige Flächen, rot, grün, gelb. Oder die Schmetterlinge: vier Bilder neben- und übereinander, mit monochromem Hintergrund in Orange, Grün, Hell- und Dunkelgelb. Die Flattermänner, acht, neun, zehn und elf sind nicht regelmäßig, aber harmonisch angeordnet. Das Bild ist wie gemalt für den Platz zwischen Bürotüren. Oder die Szene am Meer: zwei Segelboote mit wenigen Strichen angedeutet, Flächen, die wohl Handtücher andeuten, bunt, aber nicht überkoloriert das Ganze. Da kommt Urlaubsgefühl auf.

Motive aus dem Kopf oder nach einer Anregung

Viele der Malakteure haben ihre Motive im Kopf, andere finden Anregungen bei großen Ausstellungen. Ralf Bennewitz haben die Maya beim Besuch in einem Stuttgarter Museum so beeindruckt, dass er seine Eindrücke weiterentwickelt hat. Das Gold sei schön, meint er, Feuer und Wasser hat er in rote und blaue Farbflächen umgesetzt. Aufwendig sei das gewesen, meint der 38-Jährige: zuerst die hellgraue Grundierung, dann die Flächen mit dem Stift aufteilen, dann die Flächen kolorieren. Und immer wieder trocknen lassen. Viele Stunden seien das gewesen. „Aber besser zum Malen gehen als alleine daheim sitzen.“ Rausgehen, Abwechslung mit anderen – das seien für ihn die Freitagsmaler.

Stadt unterstützt die Gruppe weiter

Seit 15 Jahren gibt es diese Gruppe, hervorgegangen ist sie aus der 1978 von Gertrud Müller mit begründeten Freizeitgruppe für behinderte und nicht behinderte Menschen. Die Stadt werde sie weiter unterstützen, sicherte Bürgermeister Georg Brenner den Freitagsmalern, Sabine Eckle und den ehrenamtlichen Betreuern zu. Man spüre die Verbundenheit dieser Menschen, so Brenner. Er sei begeistert von der Fröhlichkeit und Ausdruckskraft der Bilder; Sabine Eckle habe das Atelierkonzept in kreative Bildsprache umgesetzt. Eckle sagte, „die Ausstellung möchte erfreuen und informieren, sie ist ein Beitrag zur Humanisierung unserer Welt“.

Dann gab es eine Rose für jeden der Ausstellenden und für Brenner eine Überraschung: Er wurde von zwei der Gewürdigten herzlich umarmt und gedrückt.

Termin
Die Ausstellung im Rathaus ist bis zum 23. Januar 2015 zu sehen, montags, mittwochs und donnerstags von 8 bis 14 Uhr, dienstags bis 18.30 Uhr, freitags bis 12 Uhr.