Die Kunsthalle Göppingen zeigt Stummfilme des britischen Künstlerduos John Wood und Paul Harrison. Und sie lädt zu einem begleitenden Spaziergang durch die Stadt entlang „21 Signs“ ein.

Die herausstechenden Aspekte der aktuellen Ausstellung in der Kunsthalle sind der Variantenreichtum und der minimalistische Charakter der Filmbeiträge der Künstler John Wood und Paul Harrison. Jede Szene wurde von den Künstlern maximal variiert – in Farbe, Form, Text und im Verhältnis der Gegenstände und Menschen untereinander. Dabei ist es schwer, das Ausgangsbild zu definieren, stattdessen befinden sich die Betrachtenden in einer schier endlosen Variantenschleife, die diesen auf humoristische Weise einen Spiegel aus Ernsthaftigkeit und Absurdität vorhält. Häufig nehmen die Künstler Dinge auseinander und setzen diese auf absurde Weise wieder zusammen.​

 

So zeigt etwa das Werk „Semi Automatic Painting Machine“ eine Sprühapparatur, die Gegenstände und Formen wie Fahrräder, Stühle, Blumen oder Hemden besprüht, jeweils anders und entsprechend platziert, in allen möglichen Farbvarianten und -intensitäten. Dabei entstehen interessante filmische Effekte und Choreografien, die zwischen Zufall, Kontrolle und Verlust alternieren.

Gastauftritt von Angela Merkel

In „Demo Tape“ steht Sprache im Vordergrund. Die beiden Künstler, weitgehend unbewegt, halten Schilder hoch, auf denen jeweils unterschiedliche Textkombinationen – auf ergänzende, widersprüchliche, humoristische, sich wiederholende Weise – gezeigt werden: Wortpaare wie „Upside – Downside“ (auf den Kopf gestellt), „We are delusional – he is delusional“, „We don’t like each other“ (ein gemeinsames Schild), „Single – Sided“, „United – United“. Die Künstler treten in fast allen Videos selbst auf. In dem Film „The Magicians“ von 2023 hat die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Art Gastauftritt. Auch hier kann sich jeder Besuchende eine eigene Interpretation schaffen – der Minimalismus gibt viel Raum für Fantasie und Imagination.

So frei interpretierbar sind auch die 21 Schilder, die das Künstlerduo entlang eines Fußweges vom Göppinger Bahnhof zur Kunsthalle installiert hat. Die Schilder ähneln alltäglichen Verkehrsschildern, enthalten aber meist absurde und humorvolle Inhalte, wie etwa „Some yellow“ auf gelbem Hintergrund. Sie geben Anlass zu sinnieren und aus dem alltäglichen Geschehen auszubrechen, indem sie irritieren. Die üblichen Verkehrsschilder, die ansonsten unseren Alltag regeln, werden damit karikiert. Die „21 Signs“ verlangen von den durch Göppingen Laufenden nichts, gleich einem spielerischen Nichtstun. Im Kunstkabinett C1 wird zeitgleich eine computergenerierte Video- und Soundinstallation („treasure“) von den Künstlern Heike Weber und Walter Eul präsentiert. Das synästhetische Zusammenspiel von Klang und 2419 Glaskugeln schafft eine immersive Erfahrung.

Ausstellungen in Moma, Tate und Centre Pompidou

Künstlerduo
 Die Briten John Wood (1969) und Paul Harrison (1966) arbeiten seit 1993 zusammen. Die beiden lernten sich beim Studium am „Bath College“ kennen. Wood und Harrison sind vor allem für ihre konzeptuellen Videokunstwerke bekannt, die mit Minimalismus, Humor und präzise choreografierten Aktionen spielen. Außerdem schaffen sie Zeichnungen – häufig als Grundlage für die Filme, Objekte und Skulpturen. Ihre Arbeiten erhielten internationale Beachtung und wurden bereits in folgenden Museen ausgestellt: MoMA (New York), Tate Britain (London), Centre Pompidou (Paris).​

Kollaboration
 Heike Weber (1962, Siegen) erforscht in ihrer künstlerischen Praxis die Grenzen räumlicher Wahrnehmung. Walter Eul (1967, Wuppertal) vereint in seinen Projekten Informatik und Kunst zu einer kohärenten interdisziplinären Praxis. Weber und Eul kollaborieren seit 2014 bei Kunst-am-Bau-Projekten für öffentliche Räume, darunter bemerkenswerte Installationen im U-Bahnzugang am Bonner Hauptbahnhof, im Foyer der Messe in Taipei (Nangang Exhibition Center) und im Atrium des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg.