Sie haben sich langsam angenähert – und die Massen mitgerissen: Eine Ausstellung im Ludwigsburger Schloss zeigt den Weg von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zur deutsch-französischen Freundschaft.

Ludwigsburg - Warum eigentlich Ludwigsburg? Charles de Gaulle ist bei seinem Staatsbesuch 1962 in Metropolen wie Hamburg und München aufgetreten, hat in der Bundeshauptstadt Bonn und in Stuttgart gesprochen. Aber ausgerechnet seine Rede in der vergleichsweise kleinen Stadt Ludwigsburg gilt als der Auftakt der deutsch-französischen Freundschaft. Dabei wandte er sich hier an die Jugend – schwer vorstellbar, dass ein Staatschef heute damit erfolgreich wäre. Einem Rockstar wäre das eher zuzutrauen.

 

„Das war eine völlig andere Zeit“, sagt Corinna Franz, die Geschäftsführerin der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus. So kurz nach dem Zweiten Weltkrieg habe es kaum Kontakt zwischen den Bürgern der beiden Nationen gegeben. Viele Franzosen seien gar nicht bereit für eine Aussöhnung gewesen, auf den Deutschen lastete derweil die Schuld der Nazizeit. „Und dann kommt de Gaulle und spricht vom großen deutschen Volk“ – das sei eine Sensation gewesen, sagt die Historikerin Franz. „Es war wie eine Lossprechung von der Vergangenheit.“

Der Staatsbesuch war wohl inszeniert

Ganz so aus heiterem Himmel, wie es manchem vorgekommen sein mag, war die historische Geste, die letztlich im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag mündete, jedoch nicht. „Dieser Staatsbesuch war wohl inszeniert“, sagt Franz. Der Bundeskanzler Konrad Adenauer und de Gaulle wollten die Bevölkerung – insbesondere die Jugend – für die Aussöhnung begeistern, damit sie die Partnerschaft mit Leben füllen.

Die Entwicklung bis hin zu dieser wegweisenden Rede wird seit Sonntag in der Ausstellung „Adenauer – de Gaulle, Wegbereiter deutsch-französischer Freundschaft“ der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus sowie der Fondation Charles de Gaulle im Ludwigsburger Schloss gezeigt. Im Mittelpunkt stehen die Biografien von Adenauer und de Gaulle. So wie sich die beiden Staatsmänner langsam angenähert haben, laufen auch die Informationswürfel in der Ausstellung langsam aufeinander zu. Der Fluchtpunkt ist der Elysée-Vertrag, mit dem die deutsch-französische Freundschaft im Januar 1963 besiegelt wurde.

Die Ausstellung zeigt Vergangenheit und Gegenwart

Aber auch die heutigen Verbindungen der beiden Länder sind dargestellt. „Ziel ist es, den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart zu schlagen“, sagt Franz, die die Ausstellung mit konzipiert hat. Die Schau solle nicht nur die Vergangenheit rekapitulieren, sondern „auch Lust machen, sich für die deutsch-französischen Beziehungen starkzumachen“, sagt Corinna Franz. Dabei ist das in Ludwigsburg gar nicht notwendig, wenn man den Worten der Redner bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung am 50. Jahrestag der de Gaulle-Rede am Sonntag glaubt. Baden-Württemberg sei vorbildlich bei der Pflege der deutsch-französischen Städtepartnerschaften, der Kreis Ludwigsburg dabei einer der führenden – und die Barockstadt ohnehin, hieß es.

Kein Wunder: Ludwigsburg hatte schon lange vor de Gaulles historischer Rede die Nase vorn, was die Beziehung zu dem Nachbarland betraf. Als noch kaum jemand anders im Nachkriegsdeutschland daran dachte, schloss die Barockstadt bereits 1950 die erste deutsch-französische Städtepartnerschaft mit Montbéliard ab. Noch zwei Jahre früher, 1948, war das Deutsch-Französische Institut (DFI) in der Stadt gegründet worden – das bis heute einzigartig sei, wie Stefan Seidendorf, der Leiter der Europa-Abteilung im DFI, berichtet. Für ihn sind das die Gründe, weshalb de Gaulle Ludwigsburg als Höhepunkt und Abschluss seines Deutschland-Besuches auswählte: „Das hatte eine besondere Symbolik“, glaubt er.