Eine Ausstellung in der Mediathek zeigt historische Zeitungsausschnitte und Amtsblätter.

Renningen - Als Augusta Breier die Schachtel mit den alten Zeitungsausschnitten in die Hände gefallen ist, hat sie nicht ahnen können, was daraus werden würde. Zunächst fand sie es nur spannend, die Neuigkeiten längst vergangener Tage zu lesen. „Nicht nur mir, auch meiner Familie hat das richtig viel Spaß gemacht“, erzählt die Mitarbeiterin der Renninger Mediathek. Deshalb brachte sie im Februar dieses Jahres die Ausschnitte mit zur Arbeit und zeigte sie ihren Kolleginnen. Diese waren ähnlich begeistert davon, zu lesen, was vor etlichen Jahrzehnten die Renninger Gemüter bewegte, und schnell war klar, dass dieser Fund zu schade war, um wieder in der Versenkung zu verschwinden.

 

Wäre das etwas für’s Stadtarchiv? Bestimmt, aber dort würde es auch im Verborgenen bleiben. Zusammen mit Stadtarchivar Mathias Greiner war schnell eine andere Idee geboren: Eine Dauerausstellung in der Mediathek mit monatlich wechselnden Inhalten, damit die Besucher des beliebten Renninger Treffs in der Jahnstraße lesen könnten, was vor 50 Jahren im jeweiligen Monat das Blut zum Köcheln brachte. Wie diese Schlagzeile: „Heißes Eisen – Stillegungen zwischen Weil der Stadt und Calw“. Kommt sie nicht verblüffend aktuell daher? Halt, etwas stimmt da nicht: Heute wird nicht über die Abschaffung, sondern über die Wiederaufnahme der Bahnlinie Weil der Stadt-Calw gestritten. Und dass der Gemeinderat schon vor 50 Jahren so lange getagt hat wie heute, kann in der „Niederschrift der Verhandlungen und Beschlüsse des Gemeinderats“, dem Sitzungsprotokoll, nachgelesen werden: Beginn der Sitzung 19.30, Ende 23.15 Uhr.

Besucher sollen neugierig auf das Archiv werden

„In Mathias Graner schlummerte schon längst ein ähnlicher Gedanke“, erzählt die Leiterin der Mediathek Barbara Schäfer, „er hatte die Idee, alte Dokumente und Zeitungsartikel online zu stellen.“ Doch als die Mediathek eine Wand neben den Garderobenfächern für die Dauerausstellung zur Verfügung stellen wollte, war der Stadtchronist sofort dafür zu haben: „Ich finde die Idee einer Dauerausstellung in der Mediathek mit ihrer hohen Besucherfrequenz toll“, erklärt Graner. Er will die Leute neugierig machen auf die Geschichten und die Geschichte, die im Archiv verborgen liegt. Haben die Helfer des Roten Kreuzes vor 50 Jahren wirklich diese Uniformen getragen, die sie aussehen ließen wie große Pfadfinder in Uniform? Und wo genau war der Auffüllplatz am Kindelberg, über den der Gemeinderat nicht nur einmal diskutierte? War es Usus, dass die Versicherten- und Angestelltenrenten an festgelegten Tagen, die im Gemeindeblatt veröffentlicht wurden, auf den Postämtern ausbezahlt wurden, warum wurden sie nicht einfach überwiesen wie heute?

Der Rückblick, findet Graner, ist mit einem vertretbaren Aufwand an Zeit machbar, die Dauerausstellung zeigt nur Schriftstücke, keine Gegenstände, und ist somit gut planbar. Das Material findet er im Stadtarchiv, wo die Sammlung an Zeitungsausschnitten, Gemeinderatsprotokollen, Bildern und Amtsblättern schon lange angelegt ist.

Ausstellung findet Resonanz

„Ich suche nach den interessanten Dingen, aber auch mein historischer Anspruch ist geweckt“, gibt Graner zu. „Dabei passiert es regelmäßig, dass ich nach einem bestimmten Vorkommnis suche und dabei auf ganz viele andere Dinge stoße, die auch spannend sind. Ich suche die Information A und finde X, Y, Z. Das ist die Gefahr, in die sich der Archivar mit einer Suche begibt“, schmunzelt der Chronist der Rankbachstadt. Wenn er die Informationen gefunden hat, macht er Kopien für die Ausstellung, die Originale verbleiben im Archiv. Jeden Monat aktualisiert er die Ausstellung, und er ist gespannt auf die Reaktionen. Die erste Runde ist vorüber, im März sind die ersten Dokumente ausgestellt worden. Und sie finden Resonanz, hat das Team der Mediathek beobachtet. Die Besucher stehen vor der Wand und lesen. Die Kleinen kichern, die Großen nicken: Alles schon mal dagewesen.