Matthias Eder befasst sich in seiner aktuellen Ausstellung mit der menschlichen Gestalt.

Rutesheim - Spritzig swingend geht’s im Bürgersaal in einen heiteren Sonntagvormittag: Michael Härtter (Gitarre) und Thomas Ott (Akkordeon) sind für das verhinderte Duo „Guitsax“ eingesprungen und umrahmen die Vernissage zur Ausstellung von Matthias Eder.

 

Martin Killinger, Erster Beigeordneter der Stadt Rutesheim, hat es sich nicht nehmen lassen, persönlich die Ausstellung zu eröffnen, und freut sich, einen „Künstler und Bildhauer der Extraklasse“ begrüßen zu dürfen – noch dazu einen aus der Region, einen Leonberger. Das Lob für das Kulturforum, das diese Ausstellung organisiert hat und eine „Bereicherung“ für die Stadt sei, freut Uli Riederer und die anderen Mitglieder des Kulturforums natürlich besonders.

Skulpturen aus Bronzeguss sind von dem Künstler zu sehen, der auch den „Lebensweg“ in der Leonberger Johanneskirche und die eindrucksvolle bronzene Auferstehungsstele über dem dortigen Altar gestaltet hat. Sein Thema in der Ausstellung ist die menschliche Gestalt, wie Gott sie geschaffen hat: nackt und bloß, von Erdenschwere befreit, als reine Oberfläche und Haut – und deswegen verletzlich und gleichzeitig sehr berührend. Die Figuren stehen einzeln oder auch als Paar, manchmal in einer leichten Drehung, einander zugewandt oder auch gegeneinander, ein gemeinsames Inneres behutsam schützend.

Es beginnt mit der Schwangerschaft seiner Frau

Angefangen hat alles mit der Schwangerschaft seiner Ehefrau, als der Künstler einen Gipsabdruck ihres Bauches hergestellt hat: Nicht die äußere Rundung, sondern deren Inneres, das ja ein vorgeburtliches Geheimnis umhüllt, hat ihn fasziniert.

Deshalb leben seine Figuren von ihrer Mitte her: Der Bauch ist Zentrum und Sitz der Seele – ein „Zur-inneren-Mitte-Ausrichten“, was der ursprüngliche Wortsinn des lateinischen „meditatio“ ist. So schafft er Meditationen über die menschliche Existenz in ihrer Besonderheit: Neben den Figuren findet sich häufig das archaische Motiv des „Tors“, durch das die Figuren sich eben anschicken, hindurchzugehen: ein Tor ins Leben oder in den Tod.

Kunsthistorikerin Ricarda Geib hebt in ihrer Laudatio hervor, dass Matthias Eder ein „eigenes Alphabet“ erfunden habe und in seinen Figuren, die zuerst aus weichem, warmem Wachs geformt werden, den „Werkprozess transparent“ mache. Er habe „den menschlichen Leib entmaterialisiert“, und sie verweist auf „die Einsamkeit der Figuren“. Er habe „Metaphern für Bedrängnisse, Zwänge und Freiheit des Individuums unserer Zeit“ geschaffen. „Haut“ und „Haus“, so führt sie aus, haben dieselbe sprachgeschichtliche Wurzel – und die Thematik von Innen und Außen sowie die Polarität von Mann und Frau finde sich in der Kunst von Matthias Eder wieder.

Filmausschnitt aus SWR-Heimat-Reihe

Ein zusätzliches Sahnebonbon der Vernissage ist ein Filmausschnitt der SWR-Reihe „Expedition in die Heimat“, die Matthias Eder gewidmet ist. Überraschend darin ist die Vorstellung seines Wohnhauses und Ateliers: Er logiert nämlich im ehemaligen Frauengefängnis von Leonberg, dem man den ursprünglichen Zweck auch im Inneren durchaus noch ansieht.

Die Besucher streifen noch gerne durch die Ausstellung, lauschen den lateinamerikanischen Rhythmen mit mal leidenschaftlichen, mal sehnsüchtig elegischen Tangos und „Summer Samba“ und lassen sich vom Künstler seine Arbeitsweise erklären. Kann man einen Sonntagvormittag schöner verbringen?

Termin
Die Ausstellung ist bis zum 20. Juli in der Christian-Wagner-Bücherei (Pforzheimer Straße 1) zu sehen. Kontakt: Telefon 0 71 52 / 90 57 67, E-Mail buecherei@rutesheim.de.