Eine Ausstellung am Feuersee zeigt die Arbeiten des Siebdruckers Hans-Peter Haas aus sechs Jahrzehnten. Mehr als 200 Künstler aus aller Welt und aus allen Strömungen sind mittlerweile seine Kunden.

S-West - Er hat mit den Großen zusammengearbeitet: Max Ackermann, Willi Baumeister und HAP Grieshaber, um nur drei zu nennen. Sie alle hat er mit seiner Kunst verblüfft. Hans-Peter Haas, genannt HPH, ist ein Meister des Siebdrucks. Noch bis Samstag, 15. März, ist seine Ausstellung „Hang zur Serigrafie“ mit Werken aus sechs Jahrzehnten im Waldbaur-Areal am Feuersee zu sehen.

 

Hang zum Fremden und Experimentellen

Am Anfang steht ein Shakespeare-Stück. In der Waldorfschule auf der Uhlandshöhe steigt die Abschlussfeier, die Absolventen bringen „Was ihr wollt“ auf die Bühne und im Publikum sitzt Walter Erich Schäfer, der Generalintendant des Stuttgarter Staatstheaters, dessen Sohn Gottfried zu den Schülern gehört. Mitgebracht hat Schäfer Senior auch ein paar Mitarbeiter. Denen sticht das Bühnenbild sofort ins Auge. Doch der Versuch, den Schöpfer zu verpflichten, scheitert. Der junge Mann hat andere Pläne. Die Welt kenne schon zu viele gute Bühnenbildner.

Hans-Peter Haas‘ Hang zum Fremden und Experimentellen tritt hervor. Auf Vermittlung landet er 1953 in der Werkstatt von Luitpold Domberger, der den in Deutschland noch nahezu unbekannten Siebdruck für sich entdeckt hat und einen prominenten Nachbarn neugierig macht auf die Technik, die Kunstwerke so authentisch zu übersetzen vermag: Willi Baumeister. Der Altmeister geht in der Werkstatt bald ein und aus, es entsteht eine fruchtbare Zusammenarbeit. Baumeister bedankt sich bei Haas in einer Widmung für die „getreue Leistung“ – und der junge HPH ist überrascht, „wie viel Gehör er mir geschenkt hat“.

Toleranz gegenüber kompetenten Nachahmern

1958 öffnet Haas ein eigenes Atelier. Im Ausland, unter anderem in Kopenhagen, hat er zuvor sein Handwerk verfeinert, sich mit dem Werbe- und dem industriellen Siebdruck beschäftigt. Nichts ist vor ihm sicher, er bedruckt sogar Kerzen – und toleriert Nachahmer, „solange sie es genauso gut wie ich oder besser machen“. Nur die, die ihn zu kopieren versuchen und daran scheitern, bringen ihn zum Brodeln, „weil sie das ganze Gewerbe schlecht machen“.

Spätestens in den 1970er Jahren konzentriert sich Hans-Peter Haas auf die Kunst. Sie ist eigentlich das Seine, in ihr reicht ihm keiner so schnell das Wasser. Als Schüler hat er damit geliebäugelt, Maler zu werden, als Siebdrucker ist er Dienstleister und lernt: Werktreue steht über allem. „Du machst das, was der Künstler will“, sagt er. Nicht wenige sind trotzdem positiv überrascht, als sie das Resultat von Haas‘ Kunst sehen.

„Ich brauche die Abwechslung“

Mehr als 200 Künstler aus aller Welt und aus allen Strömungen sind seither seine Kunden geworden. Die Werke von 30 sind derzeit in der leer stehenden dritten Etage des Hauses an der Rotebühlstraße 89/2 zu bewundern, in der Vertreter der abstrakten Kunst neben denen der konkreten Kunst hängen. Mit ein paar Schritten kommt man von Ben Willikens grauen Raumbildern zu den imposanten Selbstporträts des Wieners Rudolf Hausner. In einer Ecke hängen Pop-Art-Vertreter, in einer anderen Collagen. „Ich brauche die Abwechslung“, sagt Haas. Für die einjährige Arbeit an einem Buch erbat er sich drei Jahre Zeit, weil er zwischendurch Pausen einlegen wollte. Der Verleger sah das ein.

Die Energie des 79-Jährigen ist ungebrochen, ebenso seine gute Laune. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes lacht viel, wenn er von den Herausforderungen der Präzision spricht. Oder wenn er über den Unterschied zwischen handwerklichen und schöpferischen Künstlern philosophiert. Letztere würden sich an ihrer Idee berauschen, aber bei der Umsetzung schlampen. Jüngst musste er an beiden Augen operiert werden, doch er hat noch immer das Gespür für und die Lust aufs Schaffen. Seine Kunden zählen auf ihn.