Models wie Kate Moss und alte Meister wie Jan Vermeer kombiniert der Sindelfinger Künstler Joachim Kupke auf seinen Bildern – und singt ein Loblied auf schöne Oberflächen.

Sindelfingen - Wenn Joachim Kupke gewollt hätte, wäre er wohl ein guter Kunstfälscher geworden. Der Sindelfinger Künstler kann den Pinselstrich von niederländischen Barockkünstlern des 17. Jahrhunderts genauso imitieren wie den Stil des heutigen Graffiti-Künstlers Banksy. Trotz dieser handwerklichen Fähigkeiten kam Joachim Kupke nicht einmal als mittelloser Student je in Versuchung, sein eigenes Werk als das eines anderen auszugeben. „Dafür war ich zu brav“, gibt er zu.

 

Stattdessen kombinierte der heute 68-jährige Künstler immer wieder Szenen aus jahrhundertealten Gemälden mit Ausschnitten aus der Werbung oder aus modernen Werken. Besonders charakteristisch ist dies für seine neueren Arbeiten, die neben älteren noch bis zum 12. April in der Ausstellung „Kate Moss in Delft“ in der Sindelfinger Galerie zu sehen sind.

Motiv der Käuflichkeit verbindet Kate Moss mit Kupplerin

Das titelgebende Bild ist typisch für die Arbeitsweise Kupkes: In der Mitte sieht man ein detailgetreu abgemaltes Foto des Supermodels der 90er Jahre. Es ist umrahmt von einem bunt gemusterten Stoff: Kenner der Kunstgeschichte wissen, dass es ein Ausschnitt des Werkes „Bei der Kupplerin“ ist. Gemalt worden ist es vom niederländische Künstler Jan Vermeer van Delft (1632 bis 1675), für den Joachim Kupke eine besondere Bewunderung hegt.

Was den Reiz der Arbeiten des Sindelfinger Künstlers ausmacht, ist ihre Vielschichtigkeit: Auf den ersten Blick erscheint „Kate Moss in Delft“ vor allem dekorativ. Doch dann erkennt man, wie Joachim Kupke durch die Verbindung eines Werbeplakates und der Bordellszene das Thema Käuflichkeit thematisiert; „auch die Käuflichkeit der Kunst“, erklärt der Maler. Wer noch tiefere Kenntnisse der Kunstgeschichte besitzt (oder einen Blick in den Ausstellungskatalog geworfen hat), erfährt dann, dass 1968 bereits der deutsche Künstler Sigmar Polke (1941 bis 2010) ein Bild mit dem Titel „Carl Andre in Delft“ geschaffen hatte, das wiederum den Namen eines amerikanischen Bildhauers im Titel trägt. Die Beschäftigung mit Kupkes Werken wird so zu einer Entdeckungsreise durch das Spiegelkabinett der Kunstgeschichte.

Kupke amüsiert sich über Geniekult und Fälscherskandale

Auf der anderen Seite ärgert es Kupke, dass die Schönheit von Models auf auf Werbeplakaten von vielen pauschal als „oberflächlich“ abgetan wird. „Die Oberfläche kann doch sehr schön sein“, findet er. „Die Oberfläche eines Apfels, in den ich beiße, oder die Haut der Geliebten – warum sollte man das nicht wertschätzen?“ Die Verbindung von „hoher“ und „niedriger“ Kunst ist ihm ein wichtiges Anliegen.

Geboren wurde Joachim Kupke 1947 in Sindelfingen. Als junger Mann studierte er in Stuttgart zunächst an der privaten Merz-Akademie und danach an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste. Seit 1972 arbeitet er als freischaffenden Maler und Grafiker in Sindelfingen. Verheiratet ist er mit der Engländerin Sarah Kupke, sie leitet die internationale Schule in Sindelfingen. Wie bekannt Kupke in seiner Heimatstadt ist, zeigte die Vernissage zu „Kate Moss in Delft“: Die Räume der Sindelfinger Galerie quollen vor Besuchern fast über.

Wenn Joachim Kupke den Pinselstrich von Altmeistern wie Vermeer imitiert oder mit Motiven des Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein kombiniert, sieht er das auch als ironischen Kommentar zum Geniekult und den aktuellen Kunsthype. Wie leicht manche Sammler davon mitgerissen werden, zeigten Skandale wie der um Wolfgang Beltracchi, findet Kupke. Dieser wurde 2011 für die Fälschung mehrerer hundert Bilder verurteilt. Kupke hat sich über den Skandal amüsiert. Wer seine Bilder kauft, sieht hingegen sofort, dass er weder einen Vermeer noch einen Lichtenstein erstanden hat – dafür aber einen echten Kupke.

Weitere Ausstellungen in der Sindelfinger Galerie

Die Bilder von Joachim Kupke sind in der Galerie der Stadt Sindelfingen (Marktplatz 1) bis zum 12. April zu sehen. Die Galerie ist wochentags von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Gleichzeitig wird in der Galerie auch die Schau „Realismen in der süddeutschen Kunst“ gezeigt. Zu sehen sind unter anderem Werke von Franz Marc, Otto Dix und Georg Baselitz. Eine Ausstellung des Tübinger Künstlers Werner Trotter, der Bilder von Müll zu kunstvollen Collagen arrangiert hat, kann man im zweiten Stock betrachten.