Die Stuttgarter Künstlerin Elisabeth Brose stellt gemeinsam mit dem Frankfurter Jan Schmidt im Kunstverein Gästezimmer aus. Die Ausstellung „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“ ist noch bis zum 26. November zu sehen.

Möhringen - Manchmal steckt hinter einer gelungenen Ausstellung der siebte Sinn eines Kurators. Dass sich die Arbeiten der Stuttgarterin Elisabeth Brose und des Frankfurters Jan Schmidt wunderbar ergänzen, ist Daniel Mijiic und seinen Mitstreitern vom Kunstverein Gästezimmer aufgefallen. Mit einem Mini-Konzert wurde jüngst die Ausstellung „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“ eröffnet, die bis zum 26. November Zeichnungen, Videos und Klanginstallationen der beiden zeigt.

 

Elisabeth Brose, Jahrgang 1988, hat in Halle, Freiburg und Stuttgart Malerei, Grafik und Kunsterziehung studiert. An der Stuttgarter Akademie der Künste begegnete sie Jan Schmidt, der dort als Gastdozent lehrte. Der 1973 in Wiesbaden geborene Künstler hat Biologie und Chemie studiert, bevor er sich ganz der Kunst widmete. Seine Arbeiten zeugen noch von der Beschäftigung mit den Naturwissenschaften.

Abfallprodukte als Material

Ein gutes Beispiel dafür ist das Video, das ihn dabei zeigt, wie er zwei Drahtbürsten gegeneinander reibt. Das hat Schmidt einige Monate lang täglich zwei bis drei Stunden lang gemacht. Im Video sind davon nur wenige Sekunden zu sehen; das gleichmäßige Geräusch des Reibens erzeugt einen Rhythmus, der den Ausstellungsraum prägt. Sein eigentliches Material aber ist das bei einer solchen Tätigkeit entstandene Abfallprodukt: Schmidt arbeitet oft mit Marmorstaub, Holz- oder Aluminiumspänen.

Die Bildhauerei verlagert sich auf Videoinstallationen

„Hier geht es um ein Arbeitsritual, die Sichtbarmachung einer Kraft“, erläuterte Katrin Burtschell, Leiterin der Freien Kunstakademie Nürtingen bei der Ausstellungseröffnung. Sie erinnerte daran, dass sich die klassische Auffassung der Bildhauerei schon lange auf die Medienkunst verlagert hat: Videos wie dieses sind durchaus als Skulpturen zu betrachten.

Elisabeth Brose, eine passionierte und talentierte Klarinettistin, gestaltete die Vernissage musikalisch gemeinsam mit einer Cellistin und einer Pianistin vom Stuttgarter Ensemble Kleztett. Zu hören war klassische und zeitgenössische Klezmer-Musik, zu der improvisiert wurde.

Der Klang wird sichtbar

Künstlerisch hat Brose mit ihrer wandhohen Videoinstallation „Cumulus“ einen unsichtbaren Klang sichtbar gemacht: Die Klarinettistin steht in einem Türrahmen und füllt mit ihrem Instrument einen großen durchsichtigen Sack, der sich mit der Musik erweitert und leicht bewegt. Die Musikerin selbst verschwindet hinter der Musik. „Eine zutiefst poetische Arbeit“, kommentierte Katrin Burtschell.

Besonders beeindruckend aber ist das Video „Filamento“: Die Musikerin spielt in einem stark befahrenen, nächtlichen Tunnel. Während sich Fahrzeuge nähern und eine Art Wellenklang erzeugen, krümmt sich die Musikerin, umarmt ihr Instrument, das einen Klagegesang ertönen lässt.

Mit Geduld manipulierter Zufall

Ohne Klang kommen die Halfpipe Drawings von Jan Schmidt aus: Es sind Zeichnungen, die durch das wiederholte Fallenlassen einer Bleistiftmine in ein zu einer Röhre gebogenes Papier entstanden sind. Durch den vom Künstler mit viel Geduld manipulierten Zufall sind Zeichnungen entstanden, die der Poesie seiner Kollegin in nichts nachstehen. Durch die Klarinettenklänge, die aus dem anderen Raum hinüber klingen, werden auch sie zu Musik.

Kunstverein Gästezimmer Die Arbeiten von Elisabeth Brose und Jan Schmidt werden bis zum 26. November im Kunstverein Gästezimmer, Vaihinger Straße 140, gezeigt. Sie sind sonntags von 15 bis 18 Uhr und nach telefonischer Anmeldung unter der Nummer 01 78-5 59 05 78 zu sehen. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lebensbilder-pinselstriche-und-farben-im-widerschein.8e2ec8c6-3b5b-432d-9278-978fed6a84bc.html