In der Stuttgarter Secondhand-Boutique PragA stellt Peter Juréwitz seine Bilder aus. Vernissage ist an diesem Freitag um 19 Uhr.

S-Nord - Die Glocken schlagen so laut, dass der Boden im Atelier von Peter Juréwitz vibriert. Die Bilder und Gedichte des Künstlers entstehen an einem ungewöhnlichen Ort, einem Ort, der dem Himmel nah ist: im Glockenturm der „Käskirch“. So wird die evangelische Auferstehungskirche wegen ihrer markanten runden Löcher in der Fassade genannt.

 

Die Kirche gehört zum Pfarramt Himmelsleiter. Und irgendwie passt das: Exakt 111 Stufen geht es eine sehr, sehr schmale Wendeltreppe hoch. „Immer dann, wenn mich die Muse küsst, oder eine innere Stimme ruft: schaff’ endlich wieder was, dann steig ich in meine Turmstube“, sagt Juréwitz. Ein wenig ist er aus der Puste, als er sein Atelier aufschließt: 16 Quadratmeter, auf denen alles ist, was der 77-Jährige zum Malen und Dichten braucht: Mehr als 50 Pinsel, Öl-, Aquarell- und Pastellfarben, verschiedene Papiersorten, Stifte. Und obwohl die Turmstube recht klein ist, haben dort auch die Muse samt Fantasie Platz und inspirieren ihn zu seinen Bildern. Die hängen an den Wänden im Atelier und sind so bunt wie das Leben des Künstlers. Mal sind sie großformatig und in leuchtenden Ölfarben, mal klein und in zarten Pastell- oder Aquarellfarben. Und oft sind sie mit einem Schuss Ironie gewürzt.

Inspierierend: Die Schöpfung und die Elemente

Seine Motive findet der Künstler in der Natur: „Ich lasse mich von der Schöpfung und den Elementen inspirieren“, sagt Juréwitz. Auf seinen Bildern peitscht der Wind die Wellen des Meeres hoch, taucht die Morgensonne die Welt in goldenen Glanz, brechen Vögel auf in eine unbekannte Ferne. Dass die Muse von Peter Juréwitz ganz schön gewitzt ist und den Künstler mit Humor ans Werk gehen lässt, verraten Bildtitel wie „Des Pudels Kern“. Das Aquarell zeigt vor einem bunten Hintergrund am linken Bildrand einen kleinen schwarzen Pudel. Oder der Titel „Tann-daradei“: Tannenbäume in Aquarell. Und mitunter sind in den Bildern auch humorige Details versteckt. Der gleiche Humor steckt auch in den Gedichten des Malers, wenn er zum Poeten wird, seine Bilder in Versen beschreibt und den Leser mit einem völlig unerwarteten Ende perplex macht.

Malen und Dichten: Das ist längst nicht alles, was Peter Juréwitz zu bieten hat. Auf seiner Visitenkarte bezeichnet er sich außer als „begeisterter Aquarellist“ und „Gelegenheitsdichter“ auch als „gern gehörter Laudator“, „Festdichter“, „Weinpoet“ und „Festsänger.“ Der Oberbegriff dafür könnte Tausendsassa sein. Doch kann man davon leben? Juréwitz lacht. Man kann ihn zwar für alle möglichen Festivitäten buchen. Sein „Honorar“ beschränkt sich jedoch auf „ein attraktives Weinpräsent“. Denn leben muss der ehemalige Deutsch- und Geschichtslehrer des Porschegymnasium nicht von seiner vielfältigen Kunst. „Ich mach es, weil es mir Spaß macht“, sagt er.

Als Gymnasiast hat er die Schule geschmissen, Bankkaufmann gelernt, für die Sparkasse Heidelberg Veranstaltungen und Ausstellungen organisiert, dann sein Abitur an der Abendschule nachgeholt und daraufhin studiert – auf Lehramt. Im Glockenturm hat er sein Atelier seit 1989 und dort oben auch die Klassenarbeiten seiner Schüler korrigiert. Einige waren bei ihm in der Theater-AG und haben durch ihn die Kunst entdeckt. „Wie ich durch meinen Kunstlehrer“, sagt Juréwitz.