Die beiden Künstler Su Hauger und Andreas Marklewitz stellen bis Ende März ihre 3-D-Kunstwerke im Bezirksrathaus in Stuttgart-Plieningen aus. Beide arbeiten im Behindertenzentrum (BHZ). Hier erzählen sie von ihrer Vorgehensweise.

Plieningen - Lenin streckt dem Betrachter seinen Finger entgegen. Er hebt sich deutlich ab von der Basilius-Kathedrale mit ihren Zwiebeltürmen. Die Babuschkas auf dem Roten Platz scheint der Revolutionär wenig zu kümmern. Sie sehen verdächtig aus wie Matroschka-Puppen. Das Moskaubild von Su Hauger und Andreas Marklewitz wirkt wie eine Collage aus verschiedenen Zutaten der russischen und sowjetischen Geschichte. Soldaten patrouillieren im Stechschritt auf dem Roten Platz, Militärflugzeuge kreisen am Himmel. Das Potpourri wirkt aber so eindrücklich, weil es eben nicht nur den Blick auf eine gerade Fläche zieht. Lenin scheint in Richtung Betrachter zu weisen, weil er auf der darunterliegenden Fläche als Relief festgeklebt ist. Zu sehen in einer Ausstellung im Bezirksamt Plieningen.

 

Su Hauger und Andreas Marklewitz arbeiten seit vielen Jahren gemeinsam in der Kreativwerkstatt des Behindertenzentrums (BHZ) im Werk-Haus in Feuerbach. Die 52-Jährige erklärt, wie sie dreidimensionale Kunstwerke herstellt. „Ich nehme eine Holzplatte und eine Obstkiste. Von der Obstkiste schneide ich etwas ab und klebe es dann auf die Holzplatte auf“, sagt sie.

Das erste Kunstwerk war ein Hochzeitsgeschenk

Das erste Kunstwerk, das sie auf diese Weise produziert hat, sei vor vielen Jahren ein Hochzeitsgeschenk gewesen. „Es war für ein Paar, das in Kanada Flitterwochen machen wollte. Ich habe dann Kanada als 3-D-Objekt gebastelt“, sagt die Künstlerin.

Das Holzflächenkanada mit seinen Obstkisten-Rocky-Mountains muss die Beschenkten beeindruckt haben. Denn seitdem stellt Hauger dreidimensionale Kunst her und zeigt sie wie jüngst zum Beispiel in Möhringen vor Publikum. Bei den Ausstellungen werden auch immer wieder Käufer auf ihre Werke aufmerksam. Für eine höhere dreistellige Summe habe sie bereits Objekte verkauft, meint Su Hauger.

Andreas Markewitz hat sich später für Haugers Kunst begeistert. Der 36-Jährige nennt sich bescheiden „Assistenten“ der Künstlerin. „Wir haben uns in der Kreativwerkstatt in Feuerbach kennengelernt und arbeiten seit zehn Jahren gemeinsam an den Kunstwerken“, sagt er. Wer genau in dem Duo was macht, wer die Ideen beisteuert und wer doch eher das Handwerkliche übernimmt, behalten die beiden Künstler für sich.

Das Auge lässt sich so leicht täuschen...

Den Besucher der Ausstellung im Plieninger Bezirksrathaus erwartet ein gemischtes Themenangebot. Werke von Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky werden von Hauger und Marklewitz aufgegriffen und in der ihnen eigenen Art neu umgesetzt. Zu sehen sind aber auch aufbereitete Abbildungen von Fossilien und der noch existierenden Tierwelt.

Da schwimmt zum Beispiel auf einem Kunstwerk ein dreidimensionaler Fischschwarm am Betrachter vorbei. Das Skelett einer wohl schon seit Jahrtausenden ausgestorbenen Echse hängt wie die Versteinerung in einem Naturkundemuseum an der Wand. Und auf einem weiteren Bild ist ein Protestmarsch abgebildet, auf dem die Demonstranten auf den Betrachter zusteuern mit ihren bunten Protestplakaten in der Hand. Eine Erkenntnis: Die Ausstellung von Hauger und Marklewitz zeigt, dass sich das menschliche Augen leicht täuschen lässt.

Für Su Hauger liegt der Reiz an ihrem Schaffen übrigens im Prozess der Herstellung. Wie ein Mosaik setze sich ihr Werk zusammen und nehme dabei eine neue, oft auch für sie überraschende Gestalt an. „Ich mag besonders das Fitzelige und das Kleinteilige bei dieser Kunst“, sagt die Künstlerin über ihr eigenes Schaffen. Die Ausstellung der Künstler Su Hauger und Andreas Marklewitz ist bereits seit dem 10. Januar im Bezirksrathaus an der Filderhauptstraße 155 zu sehen. Am Donnerstag, 25. Januar, ist die offizielle Ausstellungseröffnung, bei der auch die beiden Künstler anwesend sind. Die Vernissage beginnt um 17.30 Uhr. Die Ausstellung ist bis Dienstag, 27. März, zu sehen. Öffnungszeiten sind montags bis freitags 8.30 bis 13 Uhr, dienstags 14 bis 16 Uhr und donnerstags 14 bis 18 Uhr.