Die Stuttgarter Stadtbaugeschichte ist wechselvoll. Einen ungewöhnlichen Überblick bietet die Ausstellung „Das Modell“ im Wilhelmspalais. Gezeigt werden Modelle von Gebäuden, die das Stadtbild von Stuttgart prägen – darunter der Tagblatt-Turm, der Fernsehturm oder der Charlottenplatz.

Stuttgart - Die Stuttgarter Stadtbaugeschichte ist wechselvoll – geprägt von Erfolg und Misserfolg. Einen interessanten und durchaus ungewöhnlichen Überblick bietet zur Zeit die Ausstellung „Das Modell“ im Wilhelmspalais. Gezeigt werden ganz unterschiedliche Modelle von Gebäuden, die das Stadtbild von Stuttgart prägen. Sie stammen aus den Werkstätten der Fakultät für Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart und sind in den vergangenen Jahrzehnten dort während der Ausbildung der Architekten entstanden. Die Ausstellung ist noch bis zum 8. November zu sehen.

 

So zeigt die Ausstellung auf zwei Geschossen Modelle von realisierten Projekten und von solchen, die immer nur eine Idee geblieben sind. Der Tagblatt-Turm, der Fernsehturm oder der Charlottenplatz sind verwirklicht worden. Zu sehen sind zudem die Häuser der Weißenhofsiedlung und der nicht realisierten Kochenhof-Siedlung. Traurig ist die Geschichte, die hinter dem Modell des Kaufhauses Schocken steckt. Das von Erich Mendelsohn zwischen 1926 und 1928 erbaute Kaufhaus im Bauhaus-Stil wurde 1960 abgerissen. Das Holzmodell, übrigens von 1961, zeigt die für damals ungewöhnliche Fassade im Maßstab von 1:50.

Leichte Konstruktion und gekrümmte Fensterfronten

Überraschend modern wirkt der Erweiterungsbau vom Kaufhaus Breuninger von Ende der 1920er Jahre. Der wurde für seine leichte Konstruktion und die gekrümmten Fensterfronten international gelobt und galt als richtungsweisend im Kaufhausbau.

Der Ausstellungsort ist ein besonderer, denn im Wilhelmspalais wird nach seiner Sanierung das neue Stadtmuseum einziehen. „Wir kommen unserem zukünftigen Haus einen Schritt näher“, sagte Edith Neumann vom Planungsstab Stadtmuseum am Mittwoch bei der Eröffnung. Die Ausstellung sei ein Beweis für die Dichte der Architektur in der Stadt. Im Stadtmuseum wird die Stadtbaugeschichte von zentraler Bedeutung sein, kündigte Edith Neumann an. „Die Modelle werden einen festen Platz im Stadtmuseum haben“, sagte sie. Dafür kooperiere das Museum mit der Universität Stuttgart.

Eine andere Modell-Kategorie könnte „Die Leiden eines Architekten beim Wettbewerb“ heißen. Gezeigt werden nämlich auch einige Beiträge zum Wettbewerb um den Bau des Palasts der Sowjets von 1930. Die vielen Einsendungen konnten die damaligen Gremien nicht überzeugen, und die gigantische Halle wurde nicht verwirklicht. Die bereits ausgehobene Baugrube wurde anschließend als Freibad verwendet, heute steht auf dem Gelände eine Kirche.

Kein einfaches Gebäude

Das Wilhelmspalais sei kein einfaches Gebäude, um die Modelle zu präsentieren, sagte der Architekt und Dekan der Architektur-Fakultät Arno Lederer. Das Gebäude, das bis zum Umzug an den Mailänder Platz die Stadtbücherei beheimatete, wird momentan als Kulturzentrum zwischengenutzt. Es sei mit Löchern in den Wänden und anderen vom Verschleiß gekennzeichnete Ecken zu rechnen, so Lederer. Für Architekten sei es wichtig, von Hand ihre Idee zu skizzieren und auch in ein Modell zu bringen, sagte Lederer. Durch dieses haptische Vorgehen könnten die Idee besser zum Ausdruck gebracht werden. „Die Modelle zeigen ein Stück Stadtgeschichte“, sagte der Dekan.

Der Rektor der Universität, Wolfram Ressel, freute sich, dass diese Modell-Sammlung nun zum ersten Mal komplett in der Öffentlichkeit zu sehen ist. „Es ist auch eine Leistungsschau der Stuttgarter Architektur“, sagte Ressel.