Von Sonntag, 23. April an wird im Musberger Stadtarchiv die Ausstellung „Verhockt, scho wieder . . . !“ gezeigt. Ein Blick zurück in eine Zeit, als es noch zahlreiche Lokale mitten im Ort gab.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Markus Heinle und Herbert Burkhardt sind Musberger durch und durch: Sie sind geboren und aufgewachsen in dem Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen und leben und arbeiten auch noch heute dort. Und sie haben nun eine Ausstellung ins Leben gerufen – natürlich über Musberg im Musberger Stadtarchiv, nämlich über ein Thema, für das man Musberg bestens kennen muss, für das man dem Ort lange verbunden sein sollte, idealerweise vom Strampleralter über die Teenie-Zeit bis ins Erwachsenenleben: die Gaststättenkultur von Musberg. „Verhockt, scho wieder . . . – Ein Blick zurück in Musbergs Gaststätten“ heißt die Ausstellung in dem Ausstellungsraum im Schönaicher Sträßle.

 

Hirsch, Löwen, Ochsen, Ritter

Was die beiden da zusammengetragen haben, ist respektabel: Gut 20 Tafeln sind da voll gefüllt mit Fotos, Zeitungsausschnitten, Werbeanzeigen und natürlich vielen Erläuterungen darüber, was sich so alles getan hat im Laufe der Jahrzehnte im Hirsch, im Löwen, im Ochsen, beim Ritter und in den vielen anderen Lokalen. Da wird der Aufstieg der jeweiligen Gastrobetriebe beschrieben, die Höhepunkte, die mal mehr, mal weniger glücklichen Schicksale der Pächter und der Niedergang. Denn übrig geblieben ist von dieser einstigen Gaststättenkultur so gut wie nichts mehr in Musberg.

Zwar war die Musberger Kneipenkultur nach Einschätzung von Markus Heinle und Herbert Burkhardt gar nichts besonderes, auch in den umliegenden Gemeinden habe es eine vergleichbare gastronomische Versorgung und Vielfalt gegeben. Aber es gibt etwas, das die Musberger von anderen umliegenden Gemeinden unterscheidet: den Skihügel Piz Mus. Schon Ende der 1920er Jahre machen Zeitungsannoncen darauf aufmerksam, dass es doch eine tolle Sache wäre, tagsüber Ski zu fahren und danach einzukehren in einem der Musberger Lokale. Und die Altvorderen berichten davon, dass dies auch durchaus so gemacht wurde, freilich in einem sehr viel bescheideneren Maße als man dies heute gewohnt ist: „Das waren Tagesausflügler, die zu Fuß mit ihrer Skiausrüstung vor allem aus Rohr hierher gekommen sind“, erzählt Heinle. Und die dann abends, nachdem sie gezecht hatten, diesen Weg zu Fuß mit ihren Skier auch wieder zurückgelaufen sind.

Die große Zeit der Musberger Gastronomie

Aber aus dieser Zeit, den 1920er Jahren, ist die Dokumentenlage mit Schrift- oder Bildzeugnissen noch eher mau. Das ändert sich schnell in den 1950er und dann vor allem in den 1960er und 1970er Jahren. Die Beiden profitierten auch von der Mundpropaganda, die sie mit ihrem Projekt entfacht hatten. „Da haben sich bald sehr viele gemeldet mit Fotos und anderen Dokumenten, die diese Zeit selbst erlebt hatten. Da waren auch viele Nachfahren der einstigen Pächter dabei“, sagt Burkhardt. So konnten viele Detailfragen geklärt werden, wann wo was angebaut wurde oder wie es im Detail in den Schank- oder Nebenräumen aussah. Überhaupt: „Die 1950er bis 1970er Jahre, das war die große Zeit der Musberger Gastronomie.“

Auch für die Jugend war etwas geboten

Man kann gut nachvollziehen, dass Heinle, geboren 1968, und Burkhardt, geboren 1982, keinen sonderlichen Drang hatten, in ihren Jugendjahren das Stuttgarter Nachtleben kennenzulernen, wenn da schon jede Menge vor ihrer Haustüre geboten war. Und einen Ort, der vor allem für Jugendliche interessant war, gab es ja schließlich auch: das Café Schmohl. Da fanden Tanzabende statt, da spielten Live-Bands, auch solche speziell für den Geschmack der damaligen Jugend. Da gab es auch immer wieder Ärger mit den Anwohnern, weil die Musik zu laut war, weil die Gäste zu laut waren beim Verlassen des Lokals. Geschichten, die eben dazugehören zu einem Lokal, in dem das Leben pulsiert. Das Café Schmohl hatte denn auch einen Ruf über Musberg hinaus. Da kamen auch Menschen aus Leinfelden, um sich in Musberg zu vergnügen. Zu Fuß, natürlich.

Aber auch in den anderen Lokalen war immer was geboten. Der Hirsch etwa hatte einen Saal, in dem bis zu 500 Leute bewirtet werden konnten. Viele Lokale hatten anfangs auch noch eine eigene Schlachtung. Erinnert wird in dieser Ausstellung unter anderem an einen Wurstplatten-Wettbewerb, der die Menschen damals in sehr freudige Stimmung versetzte. Heute wäre diese Art der Präsentation zumindest nicht mehr zeitgemäß, doch hier in dieser Ausstellung unterstreicht es natürlich das Zeitkolorit dieser Jahre.

Für die alteingesessenen Musberger ist diese Ausstellung ein Muss. Und Jüngere erleben hier ganz plastisch ein Stück Alltagskultur. Denn außerhalb dieser Ausstellung gibt es kaum noch Zeitzeugnisse aus dieser vergangenen Zeit. Heute befinden sich dort Wohngebäude oder andere Häuser.

Öffnungszeiten

Bis 23. Juli
Die Schau ist bis 23. Juli immer sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet sowie zu den Öffnungszeiten des Stadtarchivs. Der Eintritt ist frei. Führungen durch die Ausstellung gibt es am 7. Mai, 6. Juni und am 2. Juli jeweils um 14 Uhr. Am 11. Juni findet um 15 Uhr ein Spaziergang zu den Orten der ehemaligen Gaststätten statt.