Er hat die Gewichte und Maßeinheiten normiert. Vor allem aber hat Herzog Christoph den evangelischen Glauben in Württemberg verbreitet. Das wirkt bis heute nach. Eine Ausstellung im Landesmuseum würdigt sein Tun.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Fragt man nach den bedeutenden Herzögen von Württemberg, kommt die Antwort prompt: Carl Eugen und Eberhard Ludwig. Wer aber denkt schon an Christoph, diesen Regenten mit stattlichem Bauch, der Württemberg zum Musterländle machte? Dabei kommt man bei jeder Shoppingtour an ihm vorbei. Am Schlossplatz steht er hoch droben auf dem Sockel zwischen Fußgängerzone und Kunstgebäude. Auch die Stuttgarter Touristen müssten Christoph dankbar sein, schließlich ließ es das Alte Schloss in eine ansehnliche Renaissance-Residenz umbauen. Denn Christoph war ein geselliger Zeitgenosse, der nicht nur gern aß, sondern auch oft Gäste einlud, die die Damen von den Arkaden aus winkend begrüßten.

 

Knapp zwanzig Jahre – von 1550 bis 1568 – regierte Christoph in Württemberg und gilt heute als einer der wichtigen Herzöge. Denn er war es, der die Reformation endgültig durchsetzte. 2017 steht das große Reformationsjubiläum an – 1517 schlug Luther seine Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche. Das Landesmuseum Württemberg beginnt schon jetzt mit dem Festreigen und hat seine neue Ausstellung „Christoph, ein Renaissancefürst im Zeitalter der Reformation“ eröffnet. Im Mai diesen Jahres wäre Christoph fünfhundert Jahre alt geworden.

Der Vater ist jähzornig und streitlustig

Glücklich war seine Kindheit nicht. Als er ein halbes Jahr alt ist, nimmt die Mutter Reißaus – und lässt die Kinder zurück. Herzog Ulrich ist nicht nur ein jähzorniger Ehemann, sondern auch streitlustig – als er 1519 gegen den Schwäbischen Bund kämpft, bleiben die Kinder auf dem Schloss Hohentübingen. 64 Adelige sollen sie bewachen, ergeben sich aber kampflos. Herzog Ulrich hat seine Empörung für die Nachwelt dokumentiert – und im Alten Schloss kann man nun auf einer großen Tafel die Namen der „Verräter“ lesen: Wolf von Rechberg oder Heinz Sturmfeder.

Die Ausstellung, die Matthias Ohm mit Delia Scheffer entwickelt hat, zeichnet Christophs Lebensweg und den historischen Kontext nach mit Hilfe von Porträtgemälden, Münzen, Handschriften, Ritterrüstungen oder auch einem weichen, ledernen Schuh, der eine Ahnung gibt, was die Württemberger im 16. Jahrhundert an den Füßen trugen. Christoph wurde vom Vater nach Frankreich abgeschoben, 1542 wurde er Statthalter der württembergische Grafschaft Mömpelgard. Als er nach Ulrichs Tod 1550 endlich in die Heimat zurückkehren kann, hat der Vater ihm einen gewaltigen Schuldenberg hinterlassen.

Christoph normiert die Maß und Gewichte

Anders als sein hitzköpfiger Papa ist Christoph ein Mann der Ordnung. Er packt an, greift durch, kontrolliert, regelt, erlässt: Er normiert Maße und Gewichte, er initiiert zahllose Bau- und Umbauprojekte im Land. Vor allem aber richtet Christoph mit der Großen Kirchenordnung von 1559 die Landeskirche neu aus. Er will die Reformation festigen und setzt diesen Plan in aller Konsequenz um: Er gibt Bibeln in der Übersetzung von Luther in Auftrag – und im Alten Schloss sieht man in einer dieser Herzog-Christoph-Bibeln von 1564 ihn selbst auf einem Holzschnitt von Jost Ammann. Und Christoph lässt die Heilige Schrift auch in andere Volkssprachen übersetzen.

Die Reformation wird konsequent vorangetrieben

Mit Johannes Brenz und Jakob Andreae hatte Christoph zwei Mitstreiter an der Seite, Brenz verfasst unter anderem eine evangelische Bekenntnisschrift für Württemberg. Eine Rarität findet sich in der Ausstellung: das Versehkästchen von Brenz mit handgeschriebenen Seiten und Fächern für Kelch und Hostien. Mit dem Kästchen besuchte Brenz Kranke.

Die Ausstellung zeigt den Herzog in bestem Licht

An der Universität Tübingen wurden die Professoren verpflichtet, die Reformation durchzusetzen. Kanzler wurde der erste Ordinarius der Theologischen Fakultät. Wie Christoph aber mit Widersachern umging, wie Andersgläubige seinen entschiedenen Reformationskurs erlebten, das wird in der Ausstellung leider nicht thematisiert. Immerhin, er soll diplomatisch gewesen sein. Dass er vom Vater an verschiedene Höfe geschickt wurde, erweist sich im Nachhinein als Vorteil. Als Herzog kann Christoph diese Kontakte nutzen und vermittelt häufig bei politischen und religiösen Konflikten. Vor allem zu Hessen hat er eine enge Bindung. Seine Tochter Eleonore, die eine kleine Tonbüste zeigt, heiratet den Sohn des Landgrafen Philipp von Hessen, der wiederum seinen Sohn nach Stuttgart schickt, damit er sich im geordneten Revier Christophs bessern möge.

Aber auch Christoph hat Sorgen mit den Kindern, sein Sohn Eberhard gilt als zügellos, weshalb er ihm seitenlange Anweisungen schreibt, wie er sich an anderen Höfen zu benehmen hat. Man wüsste zu gern, was der Papa notiert hat, aber die ausgestellte Handschrift von 1568 lässt sich mit Laienauge kaum entziffern.

Immerhin zwölf Kinder hatte Christoph, seine Frau Anna Maria von Brandenburg-Ansbach taucht in der Schau aber nur auf einem kleinen Porträt auf. Ihr Sohn Ludwig war wie der Vater begeisterter Jäger. Auf einem liebevoll bemalten Prunkschild (1580/90) sieht man ihn bei der Hatz zu verschiedenen Jahreszeiten – eine Leihgabe aus dem Musée Unterlinden in Colmar. Die Hälfe der 300 Exponate stammen aus anderen Sammlungen. Aus Wien kommt eine von 26 Tapisserien, die Christoph für das Alte Schloss anfertigen ließ – und die wie fast alle Schätze aus seinem Hausstand während des Dreißigjährigen Kriegs abhanden kamen. So kann man nur noch vermuten, wie die Tafeln gedeckt waren, zu denen Christoph 1560 beim Großen Armbrustschießen lud. Wegen seiner ewigen Regelungswut durfte so gut wie gar nicht geschossen werden – aber dafür wurde umso reichlicher geschlemmt.