Am westlichen Bodensee reihen sich Burgen und Schlösser aneinander. Das Rosgartenmuseum Konstanz hat die baulichen Schmuckstücke dieser Kulturlandschaft jetzt in einer sehenswerten Zusammenschau vereint.

Konstanz - In bunter Mannigfaltigkeit stellen sich an den Ufern des Sees blühende Dörfer, Städte und Schlösser, ländliche Hütten und staatliche Klöster, Kirchen, Weinberger und Getreidefelder, fröhliche Wiesen und düstere Wälder dar, und jenseits des Rheins thut sich das lachende Thurgau auf, an Fruchtbarkeit und Cultur ein großer Garten, besät mit Landhäusern und Dörfern, und überall die fließige Hand und den thätigen Geist seiner Bewohner verkündend.“ So überschwänglich-hymnisch begrüßte Gustav Schwab (1792– 1850), der berühmte schwäbische Dichter und Theologe, in seinem 1827 erschienen historisch-topografischen „Handbuch für Reisende und Freunde der Natur, Geschichte und Poesie“ den Bodensee.

 

Das Erlebnis der Kulturlandschaft zwischen Konstanz und Lindau fällt im 21. Jahrhundert meist nüchterner aus als in der Biedermeierzeit, als die schwärmerischen Romantiker das touristische Interesse des Bürgertums an versunkenen Landschaften und mittelalterlichen Burgen geweckt hatten. Zumindest eine Beobachtung Schwabs aber dürfte bis heute Gültigkeit behalten. Kaum irgendwo sonst im Südwesten oder sonst in Deutschland finden sich so viele Burgen und Schlösser.

Mehr als 2200 Schlösser und Burgen im Südwesten

Mehr als 2200 frühere Adelsbauten verzeichnet das Land Baden-Württemberg auf – die meisten davon befinden sich in Oberschwaben und am Bodensee. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht stehen hier alle paar Kilometer alte Gemäuer, manchmal versteckt, mitunter hoch über dem Bodensee und den Dörfern und Städten thronend.

Tobias Engelsing, dem Direktor der Städtischen Museen in Konstanz, war dies aufgefallen. So machte er aus dem sonst eher wenig beachteten Thema eine Zusammenschau der „Schlösser am See“ für das Konstanzer Rosgartenmuseum, wobei das Oberthema im Untertitel „Burgen & Landsitze am westlichen Bodensee“ sogleich eingegrenzt werden musste.

Das Angebot ist übervoll. Alle Burgen, Schlösser, Freisitze, Land- und Herrensitze konnte Engelsing selbst auch am westlichen Bodensee nicht würdigen. Allein im Landkreis Konstanz finden sich den Angaben zufolge 159 alte Adelsbauten, 62 weitere sind im Bodenseekreis zu entdecken. Tobias Engelsing musste sich also auf die wesentlichen historischen Gebäude aus einem Darstellungsraum beschränken, der von Meersburg bis Kreuzlingen und von Schaffhausen bis nach Überlingen reicht. Rund 50 Schlösser werden in der Ausstellung und in einem Begleitbuch vorgestellt, darunter so bekannte wie Arenenberg und zum Teil auch unentdeckte Schmuckstücke wie der Turmhof in Steckborn.

Schloss Arenenberg und der Turmhof von Steckborn

Schloss Arenenberg, am Schweizer Bodenseeufer unweit von Konstanz gelegen, diente Napoleons Adoptivtochter und Schwägerin, der früheren holländischen Königin Hortense (1783–1837), nach ihrer Vertreibung aus Frankreich als Fluchtburg. In deren Beschaulichkeit verbrachte sie die restlichen 22 Jahre ihres Lebens. Auf Arenenberg wuchs auch ihr Sohn Louis Napoleon (1808–1873) auf, der als französischer Kaiser die Bonapartes triumphal auf den Thron zurückführte.

Oder das eidgenössische Schlösschen Gottlieben im Thurgauer Dörfchen Tägerwilen. Es wurde für den böhmischen Reformator Johannes Hus (1373–1415) zum Kerker, als während des Konstanzer Konzils (1414–1418) über ihn verhandelt wurde. Hus wurde 1415 verbrannt. Oder die im Jahr 630 von König Dagobert I. gegründete Meersburg, die noch immer die älteste bewohnte Burg Deutschlands ist.

Die „gute alte Zeit“ wird wieder lebendig

Engelsing interessierte, wann diese „geheimnisvollen Zeugen“ früherer Herrschaftsverhältnisse entstanden sind und wem sie als Wohnsitz oder Fluchtort dienten. In mehr als hundert Werken konnte er stöbern. Die Bücher erzählen vom Alltagsleben der Adligen auf ihren Herrensitzen, von den Mönchen der Klöster und später vom aufstrebenden Bürgertum, das sich nach dem Ende der Feudalzeit 1802 nach und nach die einstigen Adelssitze aneignete. Die Schau hat diese Zeiten in Bildern, Fotos, Lithografien sowie mit originalem Mobiliar, Geschirr und Objekten wieder lebendig gemacht. Sie zeigt auch, wie mit Souvenirs schon im 19. Jahrhundert die Verklärung der „guten alten Zeit“ der Ritter und Adelsleute einsetzte.


In Baden-Württemberg stehen nach einer Auflistung des Onlinelexikons Wikipedia 2236 Schlösser und Burgen. Die meisten davon befinden sich in Oberschwaben und am Bodensee. Der Landkreis Biberach nimmt mit 218 ehemaliger Wehranlagen, Frei-, Land- und Herrensitzen die Spitze ein, gefolgt vom Kreis Konstanz, wo 159 frühere Adelssitze stehen, dem Kreis Schwäbisch-Hall (123) und dem Ortenaukreis (111).

Die meist bis heute imposanten Bauten waren oft Schauplätze historisch wichtiger Ereignisse und Heimstatt großer Persönlichkeiten. Sie dienten dem regionalen Adel, den reichen Klöstern oder dem aufstrebenden Patriziat als Rückzugsorte und äußeres Zeichen ihrer politischen und wirtschaftlichen Macht. So sind sie zu Stein gewordene Abbilder früherer Herrschaftsverhältnisse.

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