Die Ausstellung „Himmelwärts“ – anlässlich des 450. Geburtstags von Johannes Kepler konzipiert – wird noch bis zum 3. Oktober in Weil der Stadt gezeigt.

Der Griff nach den Sternen hat die Menschen schon immer inspiriert, Johannes Kepler insbesondere. Das zeigt auch die Ausstellung „Himmelwärts“, die von Freitag, 16. September, an im Riquewihrsaal der Volksbank Weil der Stadt zu sehen ist. Die Schau betreuen die Kepler-Gesellschaft Weil der Stadt, Mitglieder des 5. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart sowie der Technischen Universität Darmstadt. Unterstützt werden sie von den Unis Stuttgart und Tübingen und dem Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie. Die Mitmach-Ausstellung fördern auch die Wilhelm und Else Heraeus Stiftung und die Klaus Tschira Stiftung.

 

Der Mensch Kepler, seine Zeit und sein Wirken

Der 1571 in Weil der Stadt geborene Astronom, Physiker, Mathematiker und Naturphilosoph hat unter anderem die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich Planeten um die Sonne bewegen, entdeckt – die Keplerschen Gesetze. Die machten aus dem mittelalterlichen Weltbild, in dem körperlose Wesen die Planeten und die Sonne in Bewegung hielten, ein dynamisches System, in dem die Sonne die Planeten aktiv beeinflusst.

„Die Ausstellung bietet vielfältige Möglichkeiten, sich dem Menschen Johannes Kepler, seiner Zeit und seinem Werk zu nähern“, sagt Wolfgang Pleithner, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Kepler-Gesellschaft. „Wir verdanken Kepler ein wissenschaftliches Werk von eindrucksvoller Vielfalt“, sagt Klaus Werner, der Vorsitzende der Gesellschaft.

„Seine Erkenntnisse zu den Gesetzen der Planetenbewegung sind von grundlegender Bedeutung und sie wirken bis in die aktuelle Forschung, in Astrophysik und Raumfahrt hinein, wie etwa die Suche nach Exoplaneten, also die Suche nach erdähnlichen Planeten in unserer Galaxie, oder der Nachweis Schwarzer Löcher“, sagt der Direktor des Instituts für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen.

Viele Mitmach-Angebote in der Ausstellung

„Dass sich Kepler auch Gedanken gemacht hat zu einer die Planetenbewegung steuernden Zentralkraft, die schließlich zu den Gravitationsgesetzen von Newton führten, und Bahnbrechendes in Optik und Mathematik geleistet hat, ist weniger bekannt“, zählt Wolfgang Pleithner auf. Auch der Harmoniegedanke nehme in Keplers Schaffen einen breiten Raum ein, ebenso seine Erfindungen und seine meist in Latein verfassten Gedichte. Seine ‚Rudolphinischen Tafeln‘ seien über mehr als ein Jahrhundert das Standardwerk für die präzise Positionsbestimmung von Planeten gewesen.

Anlass der Ausstellung ist der 450. Geburtstag Johannes Keplers, der am 27. Dezember 1571 in Weil der Stadt geboren und am 15. November 1630 in Regensburg gestorben ist. Besucherinnen und Besucher können sich auf seine Spur begeben: Experimentell lassen sich Erfindungen und Gedanken des berühmten Forschers in den Feldern Mathematik, Astronomie und Weltharmonie nachvollziehen. Vom 14. bis 26. Februar war die Ausstellung „Himmelwärts“ auch im Haus der Wirtschaft in Stuttgart zu sehen. Im Anschluss daran wurde sie im Historischen Museum in Regensburg gezeigt.

Das Badezimmer kacheln nach Kepler-Art

In veränderter Konzeption kommt die Ausstellung nun in den Geburtsort Johannes Keplers nach Weil der Stadt. 2023 wird sie in Tübingen gezeigt. „Schlussendlich sollen möglichst viele Exponate die Basis für eine Erweiterung des Kepler-Museums in Weil der Stadt bilden“, ist Wolfgang Pleithner hoffnungsvoll. Parallel zur Ausstellung wurde ein 230-seitiger Begleitband aufgelegt, mit 32 Beiträgen namhafter Autoren und Autorinnen aus der Kepler-Forschung, Astronomie, Astrophysik und Mathematik.

Zusammen mit der Dauerausstellung in Keplers Geburtshaus am historischen Marktplatz sowie der Sonderausstellung im benachbarten Stadtmuseum mit der Dokumentation zum Thema „Kepler und die Nachwelt“ besteht mit „Himmelwärts“ die Möglichkeit, sich einen umfassenden Eindruck vom Leben und Werk dieses weltbekannten Sohnes der Stadt zu machen.

Die Schau „Himmelwärts“ lädt auch zum Experimentieren ein. Es lässt sich sogar erfahren, wie das Badezimmer nach Keplers Art gekachelt werden kann. Neben den Experimenten steht Johannes Keplers Leben im Fokus der Ausstellung. Das war kein einfaches, nach dem Besuch der Lateinschule in Leonberg absolvierte er sein Studium in Tübingen. Gerne wäre er dort Professor geworden, doch es wurden gezwungenermaßen Graz, Prag und Linz seine Wirkungsorte. Es war die Zeit der Reformation und Gegenreformation. Vertreibung, ausbleibende Gehaltszahlungen, hohe Kindersterblichkeit, Krieg und Hexenverfolgung begleiteten sein Leben und ermöglichten ihm kein ruhiges Forscherdasein.

Die erste Science-Fiction-Erzählung

Für Kunstliebende bietet „Himmelwärts“ auch neue Werke in der Auseinandersetzung mit dem abwechslungsreichen Leben. „Somnium“ oder der „Der Traum vom Mond“, eine fantasievolle Bildergeschichte und ein Animationsfilm, greifen Keplers Traum von einer Reise zum Mond auf. „Somnium“ gilt als erste Science-Fiction-Erzählung. Problematisch wurde dieses Werk beim Prozess seiner Mutter Katharina Kepler, als sie 1615 in Leonberg der Hexerei angeklagt wurde. Neben seiner von der lutherisch-orthodoxen Lehre abweichenden theologischen Haltung war auch sein 1609 begonnenes Werk „Somnium“ hierzulande der Obrigkeit ein Dorn im Auge.

Es handelt sich dabei doch um eine mehrfach verschachtelte fantastische Erzählung, in der ein Dämon, der Geist der Astronomie, von den astronomischen Erscheinungen aus Sicht der Mondbewohner berichtet und als für die Reise zum Mond geeignete Personen „saftlose alte Weiber, die … mit der Kunst vertraut sind, nachts auf Böcken, Astgabeln oder zerschlissenen Mänteln zu reiten und riesenhafte Entfernungen … zu überwinden“ erwähnt werden. Was doch stark an die damals verbreitete Vorstellung von Hexen erinnert. „Somnium“ erschien zwar erst 1634 nach Keplers Tod im Druck, aber Auszüge waren schon bekannt.

Ein Schwarzes Loch zur Eröffnung

Feierlich eröffnet wird die Ausstellung „Himmelwärts“ am Dienstag, 20. September, um 19 Uhr im Klösterle. Grußworte sprechen Weil der Stadts Bürgermeister Christian Walter und der Geschäftsführer der Kepler-Gesellschaft. Den Hauptvortrag zum Thema Schwarze Löcher hält Stefan Gillessen aus dem Team von Professor Reinhard Genzel, der 1995 das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße entdeckt hat und dafür 2020 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

„Himmelwärts“ 16. September bis 3. Oktober, täglich von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr. Riquewihrsaal der Volksbank Weil der Stadt, Paul-Reusch-Straße 8. Gruppen ab acht Personen können eine Führung buchen, per Mail an himmelwaerts@kepler-gesellschaft.de. Der Festakt am 20. September kann im Netz auf www.netzgottesdienst.de live verfolgt werden.