Der Standort war heftig umstritten. Doch eine Studie zeigt: die Messe in Stuttgart hat in vielen Bereichen einen Sprung nach vorn gemacht. Für die Zukunft des deutschen Messewesens insgesamt sehen die Autoren aber eher schwarz.

Stuttgart - Dass sich die neue Landesmesse in den vergangenen sieben Jahren auf den Fildern etabliert hat, können nicht einmal die Kritiker der mehr als 800 Millionen Euro teuren Ausstellungswelt bestreiten. Seit dem Umzug vom Killesberg auf die Filder, dem heftige politische Auseinandersetzungen vorausgegangen waren, verzeichnet die Messegesellschaft steigendes Interesse bei Ausstellern und Besuchern. Eine vergleichende Studie der Handelshochschule Leipzig, die die Marktanteile der großen deutschen Messeplätze zwischen 2000 und 2013 unter die Lupe genommen hat, untermauert den Aufschwung des Messewesens im Land insgesamt: Auch der Standort Friedrichshafen, 2009 ebenfalls um 15 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erweitert, erfreut sich vermehrten Zuspruchs.

 

Für die Zukunft des deutschen Messewesen insgesamt sehen die Autoren der Studie eher schwarz: Nach den expansiven Tendenzen in 2012 seien in der Branche sowohl im Segment der internationalen, überregionalen und Spezialmessen als auch bei den regionalen Messen „erhebliche Einschnitte festzustellen.“

Neubau auf den Fildern war ein heiß umstrittenes Thema

Zur Erinnerung: Die alte Messe auf dem Killesberg mit ihren 50 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche platzte Anfang der 80-Jahre aus allen Nähten. Lange Wartelisten der Aussteller und Probleme mit der Verkehrsanbindung führten im Verlauf der 90er Jahre dazu, dass Politik und Messegeschäftsführung mehrere geeignete Ersatzstandorte untersuchten. Das heutige Messeareal zwischen B 27, dem Stuttgarter Flughafen, dem Echterdinger Ei und der Bundesautobahn A 8 kristallisierte sich als Favorit heraus. 2003 verabschiedete der baden-württembergische Landtag ein eigens konstruiertes Landesmessegesetz, das Grundstücksenteignungen „zur Stärkung der wirtschaftlichen Infrastruktur“ durch den Neubau der Landesmesse auf den Fildern ermöglichte.

Gegen den erbitterten Widerstand der betroffenen Landwirte und der Anrainerkommune Leinfelden-Echterdingen wurde 2004 mit dem Bau der acht Hallen sowie eines Internationalen Kongresszentrums begonnen – die Ausstellungsfläche verdoppelte sich im Vergleich zum Killesberg. Zudem warb die Messegesellschaft gleich zur Eröffnung der neuen Hallen fünf Messen des privaten Veranstalters Paul Eberhard Schall aus Sinsheim ab.

Kein Wunder also, dass die Messe Stuttgart in den vergangenen Jahren auch im Vergleich zu größeren Messeplätzen wie München (180 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche), Frankfurt (346 000 Quadratmeter) oder Hannover ( fast 500 000 Quadratmeter) im Schnitt überproportional hohe Zuwachsraten bei Besuchern und Ausstellern verzeichnen konnte. Die Zahl der Aussteller hat sich seit der Eröffnung 2007 laut der Studie mehr als verdreifacht. die Besucherzahlen haben sich im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt. Auch am Messeplatz Friedrichshafen sind die Zuwachsraten bei Ausstellern (plus 41 Prozent) und Besuchern (plus 48 Prozent) beachtlich. Demgegenüber büßten Hannover (minus sieben Prozent) und Frankfurt (minus acht Prozent) bei der Ausstellerzahl ein, München legte nur um fünf Prozent zu. Bei den Besucherzahlen verzeichneten alle drei mit Stuttgart konkurrierenden Standorte wenn auch geringfügige Verluste.

Bei den Regionalmessen liegt Stuttgart bundesweit vorn

Das ändert freilich nichts daran, dass Stuttgart unter den Top 12 der international und überregional bedeutsamen deutschen Messeplätze deutlich hinter Hannover (1), Frankfurt (2) und München (5) nur auf Platz zehn rangiert. Unter den relevanten deutschen Messen weist die Landesmesse einem Marktanteil von durchschnittlich 3,8 Prozent bei den Ausstellern auf, München, Hannover, Frankfurt, aber auch Düsseldorf , Berlin und Köln liegen deutlich über diesem Wert. Bei den Marktanteilen nach Besuchern internationaler und überregional bedeutsamer Messen liegt Stuttgart im Untersuchungszeitraum mit durchschnittlich drei Prozent ebenfalls deutlich hinter der Konkurrenz.

Bei den Regionalmessen dagegen verzeichnete die Landesmesse in den vergangenen Jahren beim Marktanteil an Ausstellern (13,5 Prozent) und Besuchern (13,6 Prozent) jeweils den Spitzenplatz mit deutlichem Abstand zu Leipzig, Hannover, München und Frankfurt.

Vor dem Hintergrund der geplanten Erweiterung um eine zusätzliche Halle, die 2015 fertig gestellt werden soll, müsste den Messegeschäftsführern Ulrich Kromer und Roland Bleinroth freilich auch die Mahnung der Autoren der Studie in den Ohren klingen, dass auch im Messewesen das Wachstum an seine Grenzen gerät. Die Gesamtzahl der Messeaussteller ist ebenso rückläufig wie die Besucherzahlen: Im Messejahr 2013 konstatiert die Studie einen Rückgang der Besucherzahlen aller überregionalen und internationalen Messen in der Republik um 10,6 Prozent, und auch zu den regionalen Messeveranstaltungen kamen mehr als 7 Prozent weniger Interessierte als noch 2012.