Alexander Zverev fiebert seinem Grand-Slam-Comeback entgegen. Boris Becker traut ihm durchaus einiges zu. Doch der Olympiasieger bremst die Erwartungen.

Der Weg zurück wird lang und holprig, das weiß kaum jemand besser als Alexander Zverev selbst. Nach seiner monatelangen Verletzungspause sei er bei den Australian Open meilenweit entfernt von der Favoritenrolle. Die einst so hohen Ansprüche sind geschrumpft, Zverev wirbt um Geduld. „Das wird einfach noch Zeit brauchen“, sagte der Olympiasieger vor seinem Auftaktmatch am Dienstag der FAZ.

 

„Du kannst nicht einfach nach sieben Monaten zurückkehren nach einer schweren Verletzung und so weiterspielen wie vorher unter Matchdruck“, erklärte Zverev. Mit mehr Trainingseinheiten, mit mehr Matchpraxis, da ist er sicher, werde seine gesamte Form „stabiler“. Doch noch wackelt der frühere Weltranglistenzweite. Nicht nur beim Aufschlag. Der sei zuletzt „eine Katastrophe“ gewesen, gibt Zverev zu.

Das Match gegen den Peruaner Juan Pablo Varillas, der als Lucky Loser ins Hauptfeld rutschte, brauche er daher, „um reinzukommen“. Eine Meinung, die Boris Becker teilt. „Es muss jetzt darum gehen, die erste Runde möglichst gut und unfallfrei zu überstehen. Erst dann weiß er zu 100 Prozent, auf welchem Stand er ist“, sagte der frühere Melbourne-Champion und heutige Eurosport-Experte vor dem Auftakt.

Zwei deutliche Niederlagen

Die bisherigen zwei Matches in diesem Januar gegen den Tschechen Jiri Lehecka und den US-Amerikaner Taylor Fritz im Rahmen des United Cups verlor Zverev deutlich. Ein klarer Fingerzeig, dass die Rückkehr zu alter Stärke nach der Knöchelverletzung Durchhaltevermögen erfordert. Rückschläge und Niederlagen muss Zverev einkalkulieren, vorbei ist die Zeit, als er und sein Umfeld stets die größten Titel erwarteten.

Und doch traut Becker seinem Nachfolger schon in Melbourne einige Schritte nach vorne zu. „Wir werden von Satz zu Satz einen besseren Zverev sehen“, sagte er. Auch Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann spekuliert bereits im Gespräch mit dem SID: „Wenn der erste Sieg reinkommt und ein paar Sachen wieder von alleine laufen, dann glaube ich, dass man sich auch wieder über andere Sachen unterhalten kann.“

Begleitet wird Zverev bei seinem Comeback wie vor seiner Verletzung vom Spanier Sergi Bruguera, der mit Zverevs Vater Alexander senior das Training in Melbourne leitet. Von März bis Mai 2022, bis zur verhängnisvollen Verletzung im Halbfinale von Roland Garros gegen Rafael Nadal, war Bruguera bereits Teil des Teams. „Und es gab keinen Grund, da irgendetwas zu ändern“, sagte Zverev.

Langer Weg zurück an die Spitze

Eine Entscheidung, die Becker ausdrücklich lobt. „Ich finde es gut, dass Sascha erkannt hat, dass er einen Coach braucht. Sein Vater wird immer der ‚Übertrainer’ bleiben, aber er hat gute Entscheidungen getroffen“, sagte der Australian-Open-Champion von 1991 und 1996: „Im vergangenen Frühjahr in Miami haben Sascha und Sergi zusammen angefangen und die Sandplatzsaison war danach hervorragend.“

Bruguera sei „ein absoluter Experte, einer aus meiner Generation. Vor allem für langsamere Beläge, sei es auf Sand oder auf entsprechenden Hartplätzen, ist er ein super Coach - und die richtige Wahl für Sascha.“ Eine Wahl, die sich auf den europäischen Sandplätzen im Frühjahr auszahlen kann. Bis dahin braucht Zverev Geduld. Australien ist nur der Auftakt auf seinem langen Weg zurück an die Spitze.