Alexander Zverev war nach Melbourne gereist, um die Australian Open zu gewinnen. Tennis-Fans hofften auf ein Viertelfinale des Olympiasiegers gegen den Spanier Rafael Nadal. Doch Zverev verliert nach einem rätselhaften Auftritt bereits im Achtelfinale.

Melbourne - Tief gefrustet schlich Olympiasieger Alexander Zverev mit gesenktem Kopf vom Platz. All seine Titel-Hoffnungen bei den Australian Open muss Deutschlands bester Tennisspieler nach einem rätselhaft schwachen und trägen Auftritt schon im Achtelfinale abrupt begraben. Nach dem 3:6, 6:7 (5:7), 3:6 gegen den Kanadier Denis Shapovalov am Sonntag in Melbourne fällt auch das mögliche Traumduell mit dem spanischen Tennisstar Rafael Nadal im Viertelfinale aus.

 

„Am Ende des Tages war es einfach nicht gut genug“, sagte der beste deutsche Tennisspieler: „Es gibt keine Ausreden. Es gibt gar nichts. Ich muss es selber auf meinen eigenen Hut nehmen und versuchen, das Beste zu machen“, sagte der Weltranglisten-Dritte.

Zverev galt beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres als Mitfavorit und war mit dem Ziel nach Australien gereist, den Titel zu holen. „Ich könnte hier jetzt sitzen, und sagen: „Ich habe eine Erkältung und noch was.“ Aber nein, ich bin immer sehr ehrlich. Ich habe nichts. Ich habe einfach nur eine Scheiß-Woche gehabt, um ehrlich zu sein“, sagte der 24 Jahre alte Hamburger.

Boris Becker mit klarer Analyse

Nach dem merkwürdigen Tennis-Match über 2:21 Stunden mit zahlreichen unerklärlichen Fehlern hatte es der schlapp wirkende Hamburger eilig gehabt, vom Platz zu kommen. Aus Frust hatte Zverev zu Beginn des zweiten Satzes einen Schläger zerhackt, aber auch das wandelte er nicht in Energie und sein Weltklasse-Tennis um. Ein 5:3 im zweiten Satz reichte nicht zum Satzausgleich. „Ich habe mich schon extrem langsam gefühlt, ich habe mich nicht frisch gefühlt“, sagte er.

Er habe es versucht. „Ich habe den Schläger kaputt gemacht. Das mache ich ja auch nicht einfach so. Wenn du so schlecht spielst, kannst du machen, was du möchtest, kannst du rumhüpfen wie du möchtest, es ändert nichts“, meinte er. Boris Becker als Experte bei Eurosport urteilte: „So passiv habe ich ihn lange nicht gesehen, vielleicht hatte er irgendwas. Irgendwas ist diese Woche in Australien nicht rund gelaufen.“

Der Weltranglisten-14. Shapovalov, im vergangenen Jahr Halbfinalist von Wimbledon, in Melbourne aber noch nie über die dritte Runde hinausgekommen, zeigte Schwankungen, doch dies konnte Zverev nicht für sich nutzen. „Enttäuschend - er hat nie zu seinem Spiel gefunden, hatte die Dynamik nicht, die Aggressivität“, meinte Becker.

Alexander Zverev wirkte müde

Seinen Ansprüchen wurde Zverev nach den drei Erfolgen in jeweils drei Sätzen in den drei Runden zuvor Down Under nicht mehr gerecht. Weil der serbische Weltranglisten-Erste und Rekordchampion Novak Djokovic aufgrund seines annullierten Visums nicht antreten durfte, waren Zverevs Chancen gestiegen - auch wenn im Viertelfinale nun der 20-malige Grand-Slam-Turniersieger Nadal gewartet hätte.

Dem Weltranglisten-Dritten fehlte gegen Shapovalov die gewohnte Sicherheit bei den Grundschlägen. Von dem Selbstbewusstsein, das ihn in den letzten Monaten der vergangenen Saison nach seiner Goldmedaille von Tokio ausgezeichnet hatte, war nichts zu sehen. Der Melbourne-Halbfinalist von 2020 wirkte müde.

Er kassierte das Break zum 1:3, geriet mit 1:4 in Rückstand. Als er auch im zweiten Satz früh den Aufschlag verlor, hackte Zverev dreimal seinen Schläger auf den Boden, machte ihn spieluntauglich und kassierte eine Verwarnung. Der Wutausbruch schien nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein. Doch besser wurde es nicht: Zverev traf falsche Entscheidungen im Ballwechsel, er traf manche Bälle gar nicht richtig und agierte zu passiv.

Unsicherer Auftritt in Melbourne

Sinnbildlich: Als er selbst eine Breakchance zum 2:2 hatte, traf er den Return mit dem Schlägerrahmen. Der Ball landete auf den oberen Zuschauerreihen. Die nächste Breakchance nutzte Zverev dann. Aber dass er im Spiel blieb, hatte er eher der mangelnden Konstanz Shapovalovs zu verdanken.

Bezeichnend für den unsichren Auftritt auch der Verlust des zweiten Satzes: Linkshänder Shapovalov leistete sich im Tiebreak bei seinem ersten Satzball einen Doppelfehler. Doch anstatt dann mit dem eigenen Aufschlag zum 6:6 auszugleichen, kam von Zverev ein völlig missglückter Rahmenball. Auch der dritte Satz begann mit einem schnellen Aufschlagverlust. „Ich werde immer noch alles dafür tun, dass ich irgendwann die Grand-Slam-Trophäe hochhebe“, sagte Zverev: „Im Moment ist es natürlich albern, darüber zu reden, weil ich gerade in der vierten Runde der Australian Open verloren habe.“