Angelique Kerber will ihre Mission Titelverteidigung bei den am Montag beginnenden Australian Open mit einer Portion Lockerheit starten. Doch angesichts des Rummels ist das gar nicht so einfach.

Melbourne - Auf der Suche nach der Magie von Melbourne begab sich Angelique Kerber auf eine kurze Zeitreise. Es ging ein Jahr zurück zu den Australian Open 2016, die aus der soliden Top-Ten-Spielerin den Siegertyp Kerber werden ließen. „Als ich jetzt durch die Stadiongänge gelaufen bin, konnte ich mich wieder daran erinnern wie ich vor zwölf Monaten nach dem Finale in der Umkleidekabine saß. Ganz alleine“, erzählte die Weltranglistenerste, die vor einem Jahr im Melbourne Park „die intensivsten Augenblicke“ ihrer bisherigen Karriere erlebte.

 

352 Tage nach dem Finale gegen Serena Williams beginnt für Kerber die aktuelle Herausforderung so, wie die alte endete: Mit einem Night-Session-Match auf dem Centre Court in der Rod-Laver-Arena. Kerber scheint zum Start ihrer Mission Titelverteidigung spürbar darauf bedacht, die Anspannung nicht zu groß werden zu lassen. „Es ist wichtig, nicht so viel zu denken, denn das erhöht den Druck. Es warten neue Herausforderungen auf mich, aber das ist auch ein Privileg. Ich bin bereit“, sagte die topgesetzte Linkshänderin vor ihrem Erstrundenmatch gegen die Ukrainerin Lesia Zurenko am Montag (09.00 Uhr MEZ/Eurosport).

Bundestrainerin Barbara Rittner jedenfalls ist zuversichtlich. „Es ist gut, dass Angie auf dem größten Court in der Night Session beginnt. Da kommen die Gefühle vom letzten Jahr wieder hoch“, sagte Rittner dem SID. An den Siegerpokal oder die zu verteidigenden Punkte denkt Kerber, die am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein trainierte, nach einem verpatzten Saisonstart mit zwei Niederlagen in drei Matches erst einmal nicht: „Es geht darum, dass die positive Energie vom letzten Jahr wieder da ist.“ Die Magie von Melbourne eben.

Viele Sponsoren- und Medientermine

Erstmals geht die Kielerin, die am Mittwoch 29 Jahre alt wird, als Titelverteidigerin und Nummer eins in ein Grand-Slam-Turnier. „Aber das ist nur eine Zahl vor meinem Namen. Es fühlt sich zwar gut an, aber es bedeutet auch eine Menge mehr Druck. Man hat einfach mehr Dinge zu tun“, sagte sie dazu. Gerade am Ort ihres Durchbruchs hatte sie in den vergangenen Tagen etliche Sponsoren- und Medien-Verpflichtungen zu erfüllen, jeder wollte ein Stück „Angie“. Erst am Freitag wurde der Deal mit einem australischen Nahrungshersteller bekannt.

Viele Termine hatte die Kielerin nach ihrem Urlaub auf Bali im Oktober auch in Deutschland zu erfüllen. Die Trainingsqualität hat darunter aber nicht gelitten. „Meine Vorbereitung war gut und intensiver als sonst“, sagte die Sportlerin des Jahres 2016. Einen Tag vor ihrem Auftaktmatch wirkte Kerber dennoch ein wenig bedrückt. Die zweimalige Major-Siegerin wird dem Fed-Cup-Team in der Erstrundenpartie gegen Gastgeber USA auf Hawaii (11./12. Februar) nicht zur Verfügung stehen: „Ich habe schweren Herzens abgesagt. Vom Reisestress wäre es zu extrem geworden.“ Und logistisch nicht möglich, direkt danach ihre Turnierverpflichtung in Doha (ab 13. Februar) wahrzunehmen.

Rittner zeigte „vollstes Verständnis“ für die Absage. „Ich finde ihre Entscheidung völlig okay. Natürlich sind wir alle traurig und dadurch jetzt auch Außenseiter in den USA“, meinte die 43-Jährige. Der Fokus von Kerber liegt jetzt erst einmal auf Melbourne. Ein Kleid für ein etwaiges Sieger-Shooting mit der Trophäe hat sie sich allerdings noch nicht gekauft: „So weit denke ich nicht. Das würde ich dann ganz spontan besorgen.“