Das Great Barrier Reef in Australien ist ein Tauchrevier der Superlative. Wer mit einem Schiff auf Tour geht, wird garantiert Großfischen begegnen.

Cairns - Minky! Minky!“, ruft Carole völlig aufgekratzt. „Minkwal auf 10 Uhr.“ Also doch noch! Das Schicksal meint es gut mit den Tauchern. Der letzte Tag auf der „Spirit of Freedom“ und die Gruppe sieht genau das, weshalb sie einmal um die halbe Welt gedüst ist: Wunderschöne, blauschwarz schimmernde Zwergwale. Blitzschnell schlüpfen Taucher und Schnorchler in ihre Neoprenanzüge und hechten aufgeregt ins Wasser. Dabei fing ihre Tour drei Tage zuvor doch recht gelassen und entspannt an. Richtig australisch eben. Es ist später Vormittag in Cairns am Hafen. Die Urlauber checken nach und nach ein auf ihrem Tauchschiff. Der erste Eindruck zählt, und die „Spirit of Freedom“ wirkt einladend und vertrauenerweckend. Ihre junge Crew auch und sie ist noch freundlich dazu. Das ist wichtig, schließlich soll es richtig weit rausgehen aufs Meer, bis an die Außenkante des Great Barrier Reef, wo sich der australische Kontinentalsockel in den Tiefen des Meeres verliert.

 

Beim gemeinsamen Mittagessen auf See machen sich alle miteinander bekannt. Sowohl Mannschaft als auch Gäste sind ein bunter Haufen aus Australien, Neuseeland, England, Frankreich, Deutschland, Kanada, aus den USA und von den Philippinen. Dann geht es 220 Kilometer in Richtung Nordost bis zu den spektakulärsten Tauchspots des Great Barrier Reef. Aus der Kombüse duftet es schon verführerisch nach gebratenen Lammkoteletts. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, besonders auf einem Schiff. Die Kojen im Unterdeck sind dagegen recht funktional. Kein Fenster, kein Bullauge, die schmalen Betten in Armlänge übereinander angeschraubt. Nicht jedermanns Sache. Wie geräumig und luftig die Ocean View Cabins im Oberdeck dagegen doch sind!

Ein Rausch an Farbe und Form

Nach einer ruhigen Nacht ankert das elegante Schiff bei Sonnenaufgang vor Pixie’s Pinnacle am Ribbon Reef 9. Das Abenteuer beginnt, mit dem Eintauchen befinden sich die Froschmänner neben einem Schwarm ausgewachsener Barrakudas. Regungslos werden sie von gut 40 Augenpaaren angestarrt. Nach dem ersten Schreck lassen sich die Abenteurer einfach durchsacken, hinein in eine Wolke aus kleinen, pinkfarbenen Königs-Feenbarschen, dann weiter hinab an dieser Säule aus Kalk, die dem Tauchplatz seinen Namen gab und die über und über mit Stein- und Fächerkorallen bewachsen ist.

Ein Rausch an Farbe und Form, der schlichtweg die Sinne überfordert. Überall herrscht Leben in schier unendlicher Vielfalt. Ein giftiger Rotfeuerfisch kreuzt gemächlich durchs Revier. Er zeigt absolut keine Angst. Muss er auch nicht, selbst Haie machen lieber einen großen Bogen um ihn. Und die Taucher sowieso. Aber: Weit und breit ist kein Minkwal in Sicht. Beim nächsten Tauchgang ein paar Seemeilen weiter nordwärts wartet ein kleines Wunderwerk der Natur auf seine Entdeckung. In einer geschützten Felsspalte liegt eine weit geöffnete, handgroße Muschel. Das Innere der sogenannten Disco Clam leuchtet purpurn im Schein der Xenon-Lampen. Doch das ist nicht alles. Sie scheint zudem stroboskopartige Blitze auszusenden, die an ein Überspringen von Hochspannung zwischen elektrischen Polen erinnern. Nie zuvor haben die Hobbytaucher etwas Vergleichbares gesehen, und selbst die professionellen Guides freuen jedes Mal wie kleine Kinder.

Dieser Anblick gehört sicher zu den Höhepunkten im Leben eines jeden Tauchers. Die physikalische Erklärung indes liest sich recht nüchtern: Es sind einfach nur spezielle Zellen im Muschelgewebe, die das Licht der Hochleistungslampen so spektakulär reflektieren. Dann der Nachttauchgang: immer etwas Besonderes, immer etwas Unheimliches. Schon von Bord aus sind Hunderte, ja vielleicht sogar Tausende Stachelmakrelen auszumachen, die in wilder Hatz das Heckwasser durchpflügen. Die starken Scheinwerfer am Tauchdeck haben die armlangen Fische, auf englisch Giant Trevallys genannt, angelockt. Und dann springen Taucher und Schnorchler mitten hinein in das Getümmel. Das kostet Überwindung, aber die Menschen scheinen die blitzschnellen Räuber nicht im Geringsten zu stören.

Ganz nah, auf Maskenhöhe

Ganz im Gegenteil, denn jetzt nutzen die Jäger sogar noch das Licht der Unterwasserlampen, folgen den menschlichen Eindringlingen sogar bis in die Tiefe und schnappen sich direkt vor deren Augen wieder und wieder kleine Fische als Mitternachtsimbiss. Andere Tiere schlafen derweil lieber. In einer Grotte liegt ein ungewöhnlich großer Weißspitzenriffhai und hält sein Nickerchen. Den will aber dann doch lieber niemand wecken. Am nächsten Morgen ankert die „Spirit of Freedom“ am vielleicht berühmtesten Tauchspot von ganz Australien, dem Cod Hole, wo schon zentnerschwere Zackenbarsche warten. Kein Wunder, schließlich werden die Potato Cods seit zwei Jahrzehnten an genau dieser sandigen Stelle von Tauchern angefüttert. Wenig später beginnt das große Fressen, die Kolosse umkreisen die Gruppe und schnappen sich die Leckerbissen.

Ganz nah, auf Maskenhöhe. So eine reich gedeckte Tafel lässt sich aber auch leider unmöglich vor der lästigen Konkurrenz verbergen, und schon fordern andere Schwergewichte vehement ihren Anteil ein. Kapitale Napoleon-Lippfische mischen die Runde kräftig auf. Nach dem letzten Bissen heißt es auch schon wieder auftauchen. Und als die Taucher gerade unter der heißen Dusche stehen, hören sie Dive-Guide Carole völlig aufgekratzt rufen: „Minky! Minky! Minkwal auf 10 Uhr.“ Wie auf Kommando schlüpfen alle in ihre Neoprenanzüge, schnappen sich einen Schnorchel, springen kollektiv zurück ins Wasser und warten ab. Das ist wichtig, denn schwimmt man den Zwergwalen hinterher, verschwinden sie auf Nimmerwiedersehen. Verharrt man einfach regungslos am Tau, kommen sie irgendwann.

Mit etwas Glück. Denn Minkwale sind zwar recht vorsichtig, aber andererseits auch extrem neugierig. Diese Neugier müssen unzählige Tiere auch heute noch auf allen Weltmeeren mit ihrem Leben bezahlen - Walfang-Moratorien hin oder her. Am australischen Great Barrier Reef stehen die sanften Meeressäuger dagegen unter strengem Schutz. Dann passiert es: Wie aus dem Nichts heraus schwimmt ein Minkwal von links in die Szenerie und zieht gemächlich seine Bahn, gleich einem U-Boot. Schon folgt ein zweiter, noch größerer, bestimmt an die sechs Meter lang und gut drei Tonnen schwer. Wie winzig und fragil die Schnorchler doch dagegen sind.

Der Große will es ganz genau wissen und kommt bis auf einen Flossenschlag heran. Mit seinen friedlichen Augen scheint er jeden einzelnen Taucher zu begrüßen. Was für ein überwältigender Anblick. Und was für ein Privileg! Kann man so eine Begegnung noch toppen? Nein, nicht wirklich.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Australien

Anreise
Wer ab Frankfurt nur einmal umsteigen möchte, dem sei Cathay Pacific empfohlen ( www.cathaypacific.com ). Mehrtägiger Stop-over in Hongkong möglich. Preis ab ca. 1050 Euro. Ansonsten diverse andere Fluggesellschaften wie Quantas, Emirates, China Eastern, Virgin Australia, Lufthansa, Air France, British Airways, Thai Airways, Singapore Airlines, Korean Air, oft in Kombination.

Great Barrier Reef
Mit 2300 Kilometer Länge ist das Great Barrier Reef sowohl das größte Korallenriff als auch das größte Unesco-Weltnaturerbe auf Erden. 2900 einzelne Riffe bilden ein komplexes Ökosystem mit mehr als 1500 Fischarten, 5000 Spezies von Weichtieren, 1500 verschiedenen Schwämmen sowie 800 Stachelhäutern. Die 359 Steinkorallenarten bilden die größte von Lebewesen geschaffene Struktur auf der Erde.

Tauchschiff
„Spirit of Freedom“ Das Tauchschiff „Spirit of Freedom“ bietet mehrtägige Touren zu den spektakulärsten Plätzen des Riffs, die von Land aus nicht zu erreichen sind, z. B. drei Tage Cod Hole & Ribbons ab 1090 Euro, sieben Tage Cod Hole & Coral Sea ab 2230 Euro. Das Liveaboard wurde 2012 vom Dive Log Australasia zum Besten seiner Art in Australien gewählt. www.spiritoffreedom.com.au

Tauchen mit Minkwalen
Eine Begegnung der ganz besonderen Art können Taucher im Juni und Juli erleben. Dann besuchen Minkwale die Ribbon Reefs am nördlichen Außenriff. Nur per Tauchschiff erreichbar. Tauchkurse und Sicherheit: Queensland bietet Tauchkurse auf allen Levels. Ausbildungs- und Sicherheitsstandard sind hoch. Voll im Trend liegt das Padi-eLearning: Man paukt die Theorie schon zu Hause und hat so mehr Zeit fürs Tauchen oder fürs Outback. www.padi.com

Vor- und Nachprogramme an Land
Verschiedene Reisebausteine für Vor- und Nachprogramme oder komplett individuelle Programme bietet Chamäleon, z. B. fünf Tage Kakadu-Nationalpark, Zeitreise zur Stammesgeschichte der Aborigines, Flug von Cairns nach Darwin inkl. Programm für 1479 Euro, Telefon 030 / 34 79 96 - 0, www.chamaeleon-reisen.de

Buchtipp
Lonely Planet Australia von Charles Rawlings-Way, Deutsche Ausgabe, Mairdumont Verlag, Ostfildern, 2014, 28,99 Euro, www.lonelyplanet.de

Landkarte Australien-Ost, reiß- und wasserfest, Reise Know-How Verlag, Bielefeld, 2013, 8,90 Euro, www.reise-know-how.de

Allgemeine Infos
Kostenloses Infomaterial und Auskünfte erteilt Tourism Queensland, c/o Global Spot, Oberbrunner Straße 4, 81475 München, Telefon 089 / 7 59 69 88 69, www.queensland-australia.eu

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