Die Bundesregierung hat beschlossen, straftätige Zuwanderer stärker in ihre Heimatländer abzuschieben. Doch viele Hindernisse erschweren dies.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Im Schock über die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln haben Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) sich darauf verständigt, die Ausweisung straffälliger Ausländer zu erleichtern. Den Plänen der Bundesregierung zufolge soll ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse künftig bereits vorliegen, wenn ein Ausländer wegen einer begangenen Straftat gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Polizeibeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt ist.

 

Bei allen anderen Delikten soll ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse weiterhin dann gelten, wenn für vorsätzliches Handeln eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verhängt worden ist. Allerdings rätseln die Experten darüber, ob eine solche Gesetzesnovelle tatsächlich mehr Ausweisungen von Kriminellen nach sich zieht. Das hat mehrere Gründe. Der wichtigste sind die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtsrichtlinie. Aus ihnen wird ein absolutes Abschiebungsverbot abgeleitet, wenn Menschen in ihrem Heimatland Folter, Todesstrafe, Gefahren an Leib und Leben oder die Verschlimmerung einer Krankheit drohen.

Im Jahr 2014 hat das Bundesamt für Migration insgesamt 128 911 Entscheidungen über Asylanträge registriert. 2079 dieser Verfahren wurden mit einem Abschiebungsverbot gemäß der humanitären Verpflichtungen beendet; das sind 1,6 Prozent der Fälle.

Baden-Württemberg weist mehr Leute aus

Wie viele Straftäter in dieser Zahl enthalten waren, wird in den Statistiken nicht erfasst. Überhaupt gibt es keine Angaben, wie viele Kriminelle mit Migrationshintergrund ihr Aufenthaltsrecht wegen ihrer Delikte verwirkt haben. Das Justizministerium, das Innenministerium und das Statistische Bundesamt winken bei entsprechenden Anfragen ab. Im Innenministerium werden nur Daten darüber gesammelt, wie viele Abschiebungen es bundesweit gab: Bis 30. November waren es im vergangenen Jahr 18 363 Personen.

Weitere Informationen gebe es nur auf der Ebene der Bundesländer, heißt es. Das baden-württembergische Innenministerium hat als einziges unter den Ländern seine Jahresbilanz schon fertig. 2015 reisten 5289 Menschen mit Migrationshintergrund freiwillig aus. Die Zahl der Abschiebungen im Südwesten verdoppelte sich auf 2449 Fälle. Unter den Abgeschobenen waren auch 291 Straftäter; das sind 11,9 Prozent.

In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben des dortigen Innenministeriums 573 Menschen abgeschoben, in Niedersachsen 1133, in Bayern etwa 4000; wie viele Straftäter abgeschoben wurden, sei nicht bekannt. Wie viele Einzelfallprüfungen es gab, bei denen das staatliche Ausweisungsinteresse wegen begangener Straftaten und das individuelle Bleibeinteresse der jeweiligen Täter abgewogen wurden, wird offenbar nirgendwo zentral erfasst.