Der Equal Pay Day erinnert an die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Wie groß ist die Lohnlücke wirklich? Wir erklären, welche Zahl besonders relevant ist – und warum Baden-Württemberg im Länderranking schlecht dasteht.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Frauen verdienen mit ihrer Arbeit weniger als Männer („Gender Pay Gap“), daran erinnert jedes Jahr der Equal Pay Day. Wie viel weniger? Besonders häufig werden der bereinigte und unbereinigte Gender Pay Gap genannt. Der unbereinigte Wert vergleicht die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste von Frauen und Männern. Sie liegen um 18 Prozent auseinander: Männer verdienten vergangenes Jahr pro Stunde im Schnitt 24,36 Euro, Frauen 20,05 Euro.

 

Bis zu 7 Prozent „echte“ Diskriminierung

Wichtiger, jedenfalls für den Equal Pay Day, ist der bereinigte Wert. Dafür rechnen Statistiker all jene Lohnunterschiede heraus, die sich zum Beispiel durch unterschiedliche Tätigkeiten oder den weiterhin größeren Anteil männlicher Führungskräfte ergeben – welche Faktoren in die Berechnung mit einbezogen werden, erklärt das Statistische Bundesamt hier (Seite 113). Übrig bleibt ein nicht vom Standardmodell erklärbarer, also der „unerklärte“ Gender Pay Gap von 7 Prozent Lohndifferenz.

Tatsächlich nicht zu erklären sind davon aber lediglich 1,6 Prozentpunkte. Sie könnten etwa mit dem Verhalten in Lohnverhandlungen zu tun haben, vermutet Frauke Mischler vom Statistischen Bundesamt in einer Analyse aus dem Jahr 2021. Diese 1,6 Prozent sind also womöglich tatsächlich auf eine Diskriminierung von Frauen zurückzuführen. Der größere Teil der nicht vom Standardmodell erklärten Lohnlücke habe mit Unterschieden zwischen Ost und West zu tun oder den Erwerbsunterbrechungen von Frauen etwa nach Geburt eines Kindes: Während die Frau das Kind betreut, sammelt der Mann Arbeitserfahrung – die sich später oft in höheren Löhnen auszahlt.

Alles halb so schlimm?

Die sieben Prozent des „unerklärten“ Gender Pay Gap seien somit die „Obergrenze“ der Lohndiskriminierung in Deutschland, analysiert die Statistikerin. Alles halb so schlimm also? Was statistisch erklärt werden kann, ist nicht unbedingt gerecht oder gesellschaftlich erwünscht. Der genaue Blick auf die Lohnlücke zeigt Stationen auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit, etwa mehr Frauen in Führungspositionen und weniger Pausen im Erwerbsleben, ermöglich etwa durch bessere Angebote zur Kinderbetreuung und eine gleichmäßigere Aufteilung von Elternzeit mit dem Partner.

Lohngleichheit wäre dann trotzdem nicht erreicht. Ein Großteil der erklärbaren Verdienstunterschiede lasse sich darauf zurückführen, „dass die ausgeübten Tätigkeiten der Frauen nicht dem Führungs- und Qualifikationsanspruch der Männer entsprechen“, analysiert Frauke Mischler. Frauen arbeiten anders als Männer – aus welchen Gründen auch immer. Einige finden sich hier sowie in einer interaktiven Anwendung des Statistischen Bundesamts.

Lohnlücke im Südwesten besonders groß

Solange sich das nicht ändert, verdienen Frauen auch weniger. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den unbereinigten Gender Pay Gap zu verkleinern. Tatsächlich ging er leicht zurück, von 24 Prozent (2006) auf zuletzt 18 Prozent. Das ist allerdings der Bundesschnitt. Zwischen den Bundesländern gibt es erhebliche Unterschiede.

Am niedrigsten ist die Lohnlücke in den ostdeutschen Bundesländern mit 6 bis 8 Prozent, am höchsten traditionell in Baden-Württemberg, zuletzt lag sie bei 23 Prozent. Stärker noch als anderswo arbeiteten Frauen im Südwesten „in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus, die schlechter vergütet werden. Außerdem sind sie öfter in Teilzeit beschäftigt“, schreibt das Statistische Landesamt. Nicht zuletzt spielt das Alter eine Rolle:

Trotz der deutlichen Unterschiede: die „erklärte“ Lohnlücke zwischen Frauen und Männern sinkt tendenziell, der „unerklärte“ Gender Pay Gap und damit die tatsächliche Lohndiskriminierung bleibt aber relativ konstant. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei diesem Wert sind viel kleiner und anders als die Lohnlücke im Osten sogar größer als im Westen.