Fahrverbote in Stuttgart von 2018 an: Nach der Ankündigung der Landesregierung wird vor allem über Ausnahmen für den Wirtschafts- und Lieferverkehr gesprochen. Auch private Busunternehmen fordern Ausnahmeregelungen.

Stuttgart - Vor einer Woche hat die Landesregierung beschlossen, dass es von Januar 2018 an zu Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge im Stuttgarter Talkessel kommen soll, die schlechter als Euro-6-Norm sind. Seitdem gibt es immer mehr Proteste. Nach der Handwerks- sowie der Industrie- und Handelskammer fordern nun auch die Omnibusunternehmen Ausnahmeregelungen.

 

Für Busse sei erst ab 2014 die Euro-6-Norm vorgeschrieben gewesen. Da die Fahrzeuge frühestens nach sechs Jahren abgeschrieben seien, müssten diese Busse mindestens bis zu diesem Zeitpunkt benutzt werden können, heißt es beim Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmer.

Besonders hart betroffen wären ansonsten die Stuttgarter Unternehmen, die mit den meisten Bussen ihr Betriebsgelände bei Feinstaubalarm gar nicht mehr verlassen dürften, aber auch Betriebe, die Fahrgäste nach Stuttgart bringen, könnten nicht mehr verlässlich planen, da die Alarme kurzfristig ausgerufen würden.

Wie Privatpersonen das Fahrverbot sehen, berichten sie in unserer Video-Umfrage:

SPD-Fraktion fragt nach regionalen Auswirkungen

Einen neuen Aspekt bringt die SPD-Fraktion in der Regionalversammlung in die Debatte. Sie fragt nach den Auswirkungen des drohenden Fahrverbots auf das regionale Verkehrsgeschehen. „Es bleibt nach den bisherigen Ankündigungen unklar, wie die Fahrverbote praktisch durchgesetzt werden sollen“, sagt Thomas Leipnitz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Regionalfraktion. Es werde zwar von Ausnahmefällen im Lieferverkehr, für das Handwerk und von Härtefällen bei Anwohnern gesprochen, wie dies ausgestaltet werde, sei aber offen.

Deshalb beantragt die SPD eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses zu diesem Thema. Es sei klar, dass etwas passieren müsse, da der Feinstaubalarm auf freiwilliger Basis bisher nicht den gewünschten Effekt einer wirkungsvollen Verringerung der Luftschadstoffe unterhalb die Grenzwerte gehabt habe, betonte Fraktionschef Harald Raß. „Allerdings darf Mobilität keine soziale Frage in unserer Region werden“, sagte er. In diesem Sinn hatten sich auch die SPD-Fraktionchefs im Landtag, Andreas Stoch, und im Stuttgarter Gemeinderat, Martin Körner, geäußert. Beide hatten größere Anstrengungen der grün-schwarzen Landesregierung für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in und um Stuttgart und eine Reform des VVS-Tarifsystems mit dem Ziel attraktiverer Angebote gefordert.

Sind auch andere Städte betroffen?

Die Regional-SPD will auch Klarheit darüber, warum bisher nur die verkehrsbeschränkenden Maßnahmen in der Landeshauptstadt angesprochen wurden. „Uns interessiert, inwiefern auch andere Städte und Gemeinden in der Region von der Feinstaubbelastung betroffen sind und ob es dort ebenfalls zu Durchfahrtsverboten kommen würde. Dieser Aspekt muss dringend diskutiert werden“, erklärte Raß. Nach Angaben der Landesanstalt für Umweltmessungen ist an allen Messstellen in der Region Stuttgart – außer dem Stuttgarter Neckartor – der Grenzwert für Feinstaub eingehalten und der von Stickoxid überschritten worden.

Laut Raß sind viele Auswirkungen der Fahrverbote für das regionale Verkehrsgeschehen völlig unklar. „Was bedeutet das für die Erreichbarkeit von Wohn- und Arbeitsstätten, für den Freizeitverkehr und für den Tourismus?“, sagte er. Diese Fragen müssten die Regionalräte in der Sondersitzung nachgehen und im Regionalverkehrsplan berücksichtigen. Der Regionalverkehrsplan soll noch dieses Jahr verabschiedet werden.