„Mädchen und Technik (Mut)“ lautet der Name eines Programms, das fünf Firmen aus der Region vor acht Jahren ins Leben gerufen haben. Es soll Neuntklässlerinnen eine Ausbildung in typischen „Männerberufen“ schmackhaft machen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Waiblingen - Frauen und Technik“ – noch immer fallen gelegentlich diese Worte, meist, um angebliche männliche Überlegenheit im Umgang mit Autos, Fernsehern, Bohrmaschinen und Co. zu betonen. „Mädchen und Technik (Mut)“ dagegen ist der Name eines Programms, das fünf Firmen aus der Region vor acht Jahren ins Leben gerufen haben. Ziel ist es unter anderem, das erwähnte Vorurteil zu widerlegen. Bei den sogenannten Mut-Tagen, die regelmäßig in den Osterferien in Kooperation mit der Agentur für Arbeit Waiblingen stattfinden, können Neuntklässlerinnen in technische Berufe hineinschnuppern und ausprobieren, ob sie sich eine Zukunft als Mechatronikerin, Industriemechanikerin oder Elektronikerin vorstellen könnten.

 

Die Agentur für Arbeit hat den teilnehmenden Firmen – Robert Bosch, Oskar Frech, Alfred Kärcher, H. P. Kaysser und Andreas Stihl – für das Programm ihr Ausbildungszertifikat verliehen. Zum Festakt, der am Mittwoch bei Stihl in Waiblingen stattgefunden hat, kam auch die baden-württembergische Arbeitsministerin Katrin Altpeter. „Männertypische Berufe sind vom Fachkräftemangel besonders stark betroffen“, erklärte sie und lobte, dass sich die klassische Geschlechteraufteilung in den Berufen langsam, aber sicher aufweiche – auch dank Projekten wie den Mut-Tagen im Rems-Murr-Kreis. ,Weitere Schritte seien notwendig, mahnte sie jedoch an: „Von alleine wird sich das Verhalten bei der Berufswahl nicht ändern. Wichtig ist es auch, die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege weiter voranzutreiben.“ Und zwar für beide Geschlechter: „Auch junge Männer interessieren sich heutzutage zunehmend für die Familie.“

Der Stihl-Personalchef Michael Prochaska betonte, er sei mit den Ergebnissen des Mut-Programms zufrieden: „In vier Jahren ist bei uns der Anteil von Mädchen in der Ausbildung zu technischen Berufen von 18 auf 30 Prozent gestiegen“, sagte er. Viele der weiblichen Neuzugänge hätten ihren Ausbildungsbetrieb bei den Mut-Tagen kennen gelernt.

Im Rems-Murr-Kreis gibt es rund 200  Berufe, für die eine duale Ausbildung möglich ist. Das macht die Auswahl nicht gerade leicht – zumal „die Wahl des richtigen Ausbildungsberufs die wichtigste Wahl im Leben eines jungen Menschen ist“, wie es Jürgen Kurz formuliert, der die Agentur für Arbeit Waiblingen leitet.

Zumindest der 17-jährigen Katharina Schmider haben die Mut-Tage bei dieser Entscheidung geholfen. Die Leutenbacherin hat gerade ihr zweites Lehrjahr zur Mechatronikerin begonnen, nachdem sie gleich in zwei Osterferien in Folge an dem Projekt teilgenommen hatte: „Ich wollte schon immer etwas mit den Händen arbeiten. Auch von den Noten her hat das bei mir gepasst – Deutsch lag mir nicht so“, sagt sie. Einige Meter weiter, in der Mechatroniker-Lehrwerkstatt, feilt gerade ein Lehrling der nächsten Generation an einem Roboter-Bauteil herum: David Schickler ist im ersten Lehrjahr. „In meinem Mechatroniker-Jahrgang sind acht von 32 Lehrlingen Mädchen“, erzählt er. Das mache ihm nichts aus: „Klar sind manche Sachen körperlich anstrengend. Aber vielleicht machen Mädchen das zum Beispiel durch Genauigkeit wieder wett.“ Und überhaupt: Wie gut jemand arbeite, sei viel eher eine Sache der Persönlichkeit als des Geschlechts.