Dramatische Szenen am New Yorker Times Square: Bei strahlendem Sonnenschein rast zur Mittagszeit ein Autofahrer ungebremst auf einen Gehweg. Ein Mensch stirbt, viele weitere werden verletzt. Die Hintergründe sind unklar.

New York - Zeit für die Mittagspause am Times Square, die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, Tausende Menschen sind rund um den Platz im Herzen New Yorks unterwegs. Doch dann sind am Donnerstagmittag (Ortszeit) plötzlich Schreie zu hören, kurz darauf Sirenen. „Ein rotes Auto kam auf mich zugerast, fünf bis sechs Menschen lagen schon auf der Motorhaube“, sagt Kaoru Emura, die in der Nähe für einen japanischen TV-Sender arbeitet. „Den Fahrer konnte ich nicht erkennen, aber ich sah auch Menschen auf dem Boden liegen, mit Schnitt- und Nackenverletzungen.“ Emura und viele andere springen aus dem Weg, um dem ungebremst rasenden Auto zu entkommen.

 

Zuerst seien sie danach alle „wie gelähmt“ gewesen, sagt Emura. „Aber dann haben die Menschen angefangen zu schreien und sind zu den Verletzten gelaufen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum das Auto nicht langsamer wird, warum ich keine Bremsen höre.“ Mehrere Straßenblöcke lang sei das Auto auf dem Gehsteig gerast, sagt Emura - einige der Verletzten nach wie vor auf der Motorhaube. „Es war furchtbar angsteinflößend, das Schlimmste, was ich je gesehen habe.“

Kurz darauf ist der Verkehrsknotenpunkt Times Square, mit seinen leuchtenden Werbetafeln, Musical-Spielstätten und Großraumbüros und rund 300 000 täglichen Besuchern, weiträumig abgesperrt. Dutzende Polizeiwagen, Feuerwehrautos, Krankenwagen und Einsatzkräfte mit Sprengstoffhunden rücken an. Über dem Platz in Manhattan kreisen Hubschrauber. Eine 18-Jährige ist bei dem Vorfall getötet worden, ihre 13 Jahre alte Schwester und mehr als 20 weitere Menschen wurden verletzt.

Hunderte Schaulustige bleiben nach der Tragödie stehen, machen Fotos und besorgte Gesichter - ist das der seit langem befürchtete Anschlag auf dem weltberühmten Times Square? Berlin, London, Stockholm, Nizza - immer neue Attacken auf Fußgänger mit Autos haben auf brutale Art gezeigt, wie leicht die Wagen als Waffen eingesetzt werden können, auch von Terroristen.

Keine Hinweise auf Terroranschlag

Aber zumindest in diesem Punkt kann New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio kurz darauf Entwarnung geben: „Es gibt keine Hinweise, dass dies ein terroristischer Akt war“, beantwortet er die drängendste Frage im Raum. Dennoch sollen die stadtweit 36 000 Polizisten die viel besuchten Orten der Metropole nun noch stärker bewachen, kündigte er an. „Als Vorsichtsmaßnahme“, wie De Blasio sagt. „Es sind gefährliche Zeiten.“

Der Fahrer des Autos ist bereits gefasst: Der 26 Jahre alte Richard Rojas aus dem Stadtteil Bronx wird von Beamten des NYPD mit festem Griff und schnellen Schritten abgeführt. Vorgebeugt knickt er unter den Armen der Polizisten ein, als sie ihn auf die Rückbank eines Streifenwagen setzen, wie das Video eines Instagram-Nutzers vom Unfallort zeigte.

Die genauen Hintergründe bleiben zunächst unklar: Was trieb den ehemaligen Soldaten der US-Marine? War er tatsächlich betrunken oder unter Einfluss von Drogen, wie die „New York Times“ unter Berufung auf einen Strafverfolger vermutete? Bei seiner Festnahme soll er keinen nüchternen Eindruck gemacht haben, schreibt das Blatt. „Dass dieser Mensch von einer Arbeitsschicht kommt, ein paar Drinks in einer Bar nimmt, nach Hause fährt und so viel Schaden anrichtet - das passt einfach nicht zusammen“, kommentiert ein Moderator des TV-Senders „NY1“.