Auto-Showrooms in Stuttgart „Das Auto muss der Hero bleiben“
Immer mehr glamouröse Auto-Häuser in der City: Wie Architektur und Interior-Inszenierung helfen sollen, Menschen für Porsche, BYD und Co. zu begeistern.
Immer mehr glamouröse Auto-Häuser in der City: Wie Architektur und Interior-Inszenierung helfen sollen, Menschen für Porsche, BYD und Co. zu begeistern.
Das kalt ausgeleuchtete Autohaus im Industriegebiet gibt es schon noch, doch wer neue Produkte bekannt machen und eine anspruchsvolle Klientel bedienen will, muss sich mehr einfallen lassen – Prachthäuser für Autos beispielsweise. Wie eine sich im Wandel befindende Branche auf derlei Herausforderungen reagiert und wie wichtig Architektur und Innenarchitektur dabei sind, weiß Dominik Hegemann, Assoziierter Partner im Szenografiebüro Atelier Brückner in Stuttgart.
Herr Hegemann, was fehlt dem guten alten klassischen Autohaus?
Wir alle kennen die klassische Automeile, Autohäuser liegen meist an großen Ausfallstraßen. Sie haben oft eine stilprägende Architektur, aber im Inneren keine Inszenierung. Alles ist sehr simpel gehalten: Es gibt Autos, Felgen, Reifen, Accessoires und eine Sitzecke mit Kaffee. Manche sind gediegener als andere, aber das Prinzip ist immer gleich. Die heutigen Showrooms bringen die Autos in die City: beste Lage mitten in den Innenstädten, umgeben von Shops, Bars und Restaurants.
Was versprechen sich der Autobauer davon?
Tesla hatte damit angefangen. Sie waren komplett unbekannt, ihr Ziel war es also, die Marke zu etablieren. Und das funktioniert am besten in Innenstädten, wo das urbane Leben pulsiert und täglich unzählige Menschen vorbeikommen.
Worauf muss man bei der Gestaltung eines Verkaufs-Showrooms für Autos achten?
Die Kundschaft der Showrooms ist eine ganz andere: Sie möchte nicht gezielt ein Auto kaufen, sie möchte durch die Stadt schlendern, neue Dinge sehen und sich inspirieren lassen. Und für diese Menschen ist eine ansprechende Umgebung und Architektur wichtig, für diese Zielgruppe muss man inszenieren.
Sie haben einen Showroom für BYD entworfen. Worauf muss man bei dieser Inszenierung achten?
Stichwort Innenstadt: Für BYD als Anbieter von E-Autos war zunächst einmal der Standort Calwer Passage ausschlaggebend. Der Komplex von Tennigkeit+Fehrle und ingenhoven associates mit der begrünten Fassade war damals das meistfotografierte Gebäude in Stuttgart. Es hat zudem einen denkmalgeschützten Kern von Kammerer+Belz, die Passage, und steht in vielen Aspekten für nachhaltige Architektur. Die Lage ist hervorragend: Umgeben von Shops und Restaurants, direkt an einer verkehrsaffinen Straße mit großer Sichtbarkeit. Showrooms sind Markenbotschafter – ihr Ziel ist es, Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Konkret – wie schafft man das?
Unser Gestaltungskonzept setzte genau dort an: Mit markanter Architektur, frischen Farben und großformatigen Medienflächen, die starke visuelle Impulse nach außen senden. Inspiriert vom Thema Urbanität haben wir die Stadt ins Innere geholt – mit einem asphaltierten Boden und einem Interior, das an urbane Elemente wie Treppenanlagen und Arkadenbögen erinnert. Wir haben den Showroom bewusst als Teil des Stadtraums inszeniert.
Inwieweit ist die Architektur Spiegel des Autodesigns? Also: Muss man überhöhen? Oder sich eher zurücknehmen, damit das Auto zur Geltung kommt?
Das Auto muss der Hero bleiben, das ist ganz klar. Aber um Aufmerksamkeit zu erregen, ist es eben wichtig, sie aus ihrer Umgebung zu nehmen und in einen neuen Kontext zu setzen. Und es ist wichtig, den Menschen die Hemmschwelle zu nehmen.
Wie gelingt das, haben Sie ein Beispiel?
Events ziehen die Menschen an – und ganz nebenbei lernen sie ein neues Elektro-Auto kennen. Ein sehr gutes Beispiel dafür sind die Showrooms in den Gebäuden von Nio, deren Hauptziel es ist, ein positives Markenbild zu schaffen. Im Berliner Showroom zum Beispiel gibt es ein Café, Coworking Spaces, es werden Konzerte veranstaltet, Yoga-Kurse und Kunstworkshops für Kinder.
Wie haben sich die Bedürfnisse mit den Jahren geändert?
Aus Sicht der Automarken: Für die unbekannten Marken der neuen Elektrofahrzeuge, die keine Vertriebsstruktur haben, sondern auf den Internetverkauf setzen, sind diese Showrooms enorm wichtig. Mit ihnen erreichen sie ihre künftigen Kundinnen und Kunden, die Showrooms machen die Marke und ihre Fahrzeuge erlebbar, der Kunde kann die Fahrzeuge haptisch erfahren, anfassen, sich reinsetzen. Aus Sicht der Menschen, die wirklich ein Auto kaufen möchten: Ich glaube, sie gehen weiterhin ins Autohaus. Der Showroom ist aber eine gute Adresse, um eine Marke kennenzulernen.
Unterscheidet sich die Auto-Inszenierung von Land zu Land?
Meist haben die Firmen eine internationale Kommunikationsstrategie, die in allen Ländern und auf allen Kontinenten gleich angewendet wird, zumindest die Innenausstattung der Showrooms ist überall dieselbe. Auch hier geht Nio einen anderen Weg, alle Häuser werden von unterschiedlichen Gestalterinnen und Gestaltern entworfen, nicht nur in unterschiedlichen Ländern, sondern sogar in den unterschiedlichen Städten.
Zur Person
Dominik Hegemann beendete 1999 sein Studium in Architektur und Design an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Seitdem leitet er komplexe Ausstellungsprojekte für Atelier Brückner im In- und Ausland, seit 2013 als Assoziierter Partner. Er ist für das Projektmanagement und die Planung in allen Projektphasen verantwortlich. Seine fachliche Expertise liegt in der Entwicklung und Durchführung von Ausstellungen mit großem Medienanteil.