Das Land hat 2021 deutlich mehr Geld durch Blitzer oder Abstandsmesser auf Autobahnen eingenommen als im Vorjahr. Wie viel das war – und wie der ADAC den Anstieg erklärt.

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

Stuttgart - Die Verkehrsteilnehmer auf den Autobahnen in Baden-Württemberg ließen mit ihren Verstößen im vergangenen Jahr die Staatskassen klingeln: Die zentrale Bußgeldstelle in Karlsruhe verzeichnete einen deutlichen Anstieg der Einnahmen im Vergleich zu 2020.

 

Der ADAC hat mehrere Erklärungen für die erhöhten Einnahmen

Rund 34,85 Millionen Euro brachten dem Land Blitzer oder Abstandsmesser auf den Autobahnen im vergangenen Jahr – und damit rund 4,5 Millionen Euro mehr als im Vorjahr (circa 30,35 Millionen Euro). Das belegen Zahlen aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe, die unserer Zeitung vorliegen. Das ist der größte Anstieg der Bußgeld-Einnahmen in den vergangenen sechs Jahren – und der höchste Wert seit 2017 (rund 34,94 Millionen Euro). Zum Vergleich: Im Jahr 2012 lagen die Einnahmen noch bei circa 21,7 Millionen Euro – rund 13 Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr.

Eine Erklärung für den Anstieg kann das Regierungspräsidium Karlsruhe laut einer Sprecherin nicht liefern. „Diese Zahlen hängen von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab“, heißt es. Etwa von der Verkehrsdisziplin der Fahrer, der Funktionsfähigkeit von Messgeräten oder der Höhe des jeweiligen Verstoßes. Gibt es also beispielsweise viele Verstöße im moderaten Bereich, bedeute das auch niedrigere Einnahmen.

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Der Automobilclub ADAC hingegen hat eine Vermutung, wie es zu dem Anstieg gekommen sein könnte: „Im vergangenen Jahr hat die Mobilität wieder deutlich zugenommen. Dadurch steigt auch die Zahl der Verkehrsdelikte“, erklärt ein Sprecher. Zeitweise sei das Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen sogar höher gewesen als 2019. Aber auch die zahlreichen Autobahnbaustellen in Baden-Württemberg seien eine Erklärung: „Da es sich bei Baustellen um potenzielle Gefahrenzonen handelt, wird hier vermehrt geblitzt.“ Darüber hinaus ist Anfang November der neue Bußgeldkatalog in Kraft getreten, was für die Verkehrsteilnehmer höhere Strafen bedeutete. „Wer etwa außerorts 20 km/h zu schnell fährt, zahlt 60 Euro statt 30 Euro“, so der Sprecher.

Hat der Anstieg etwas mit dem neuen Bußgeldkatalog zu tun?

Dieser Einschätzung widerspricht jedoch das Regierungspräsidium Karlsruhe: „Mögliche Veränderungen aus der letzten Änderung des Bußgeldkatalogs können derzeit noch nicht beurteilt werden“, heißt es. Das liege daran, dass die Bußgeldentscheidungen oftmals erst Wochen nach dem Verstoß erfolgten. So sind auch die durchschnittlichen Einnahmen pro Verstoß im November und Dezember nicht signifikant gestiegen, beziehungsweise sogar gefallen: Im November waren es 29,99 Euro pro Fall, im Dezember 28,91 Euro. Zum Vergleich: Im August zahlten die Fahrer pro Verstoß 31,49 Euro Strafe. Ein möglicher Einfluss auf die Höhe der Einnahmen dürfte laut der Sprecherin erst im Laufe des Februars oder im März sichtbar werden.

Hauptursache bei tödlichen Unfällen: Zu hohe Geschwindigkeit

Die Einnahmen durch die Bußgelder fließen laut Innenministerium nicht automatisch in den Verkehrsbereich, sondern sollen den Gesamthaushalt von Baden-Württemberg mit finanzieren. Hauptursache bei tödlichen Verkehrsunfällen sei laut einem Ministeriumssprecher seit Jahren eine zu hohe Geschwindigkeit. „Mit der Geschwindigkeitsüberwachung sollen Menschenleben im Straßenverkehr geschützt werden“, sagt der Sprecher und betont: „Die Kontrollen erfolgen nach unfallpräventiven und nicht nach monetären Gesichtspunkten.“

Vier stationäre Blitzer auf den Autobahnen im Südwesten

Der ADAC weist aber darauf hin, die Kontrollen auch wirklich an den Unfallschwerpunkten auszurichten. „Um dem möglichen Vorwurf der Abzocke entgegenzutreten, ist es uns wichtig, dass Geschwindigkeitsmessungen fair, korrekt und nachprüfbar sind“, so ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung. Zum Beispiel könne die Akzeptanz der Blitzer in der Bevölkerung erhöht werden, wenn die Polizei die Messorte veröffentlichte oder einen Blitz-Marathon ankündigte.

Seit 2013 gibt es auf den Autobahnen im Südwesten insgesamt vier stationäre Blitzer. Dazu kommen seit vergangenem Jahr elf sogenannte semistationäre Blitzer in Form eines Anhängers, die die Polizei überwiegend auf den Autobahnen einsetzt. Im vergangenen Jahr gab es rund 1,2 Millionen Verkehrsverstöße auf den Autobahnen – so viele wie noch nie und mehr als doppelt so viel wie 2012 (rund 546 000).