Fahrzeuge werden mit immer mehr Sensoren ausgestattet. Damit weiß das Auto aber auch immer mehr über seinen Fahrer. Das Thema Datensicherheit gewinnt an Bedeutung.
Stuttgart - Für Thomas Weber steht fest: „Das Auto muss faszinierend bleiben.“ Es dürfe nicht nur um Technik gehen – um effizientere Motoren also, um Leichtbau und zunehmende Elektrifizierung des Antriebsstrangs, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. „Coole Autos werden grüner und grüne Autos werden cooler“, sagte der Daimler-Forschungschef beim Zukunftsgipfel Auto & Verkehr, der von der Wochenzeitung „Zeit“ in Stuttgart veranstaltet wurde. Als Beispiel nannte Weber den Supersportwagen SLS AMG Electric Drive mit einer Höchstleistung von 751 PS, der nach Herstellerangaben innerhalb von 3,9 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Wer im Ausstellungsraum mit dem SLS AMG Electric Drive einmal Gas gibt, „reißt an vier Stellen Teppichstücke raus“, scherzt Weber und hat dabei die Lacher auf seiner Seite. „Nur Fliegen ist schöner.“ Für emotionale Autos sei der Fahrer auch bereit mehr auszugeben. Preiswert ist dieser Supersportwagen mit 416 500 Euro nicht gerade.
Die Zukunft verlangt freilich vor allem intelligente und logische Mobilitätskonzepte. So werden bis 2050 rund 75 Prozent der chinesischen Bevölkerung in Ballungszentren wohnen. Staus und Umweltprobleme sind damit programmiert. Gefragt ist deshalb eine Kombination von Flugzeug, Bahn, Auto und Fahrrad. Dies fordert auch Fritz Kuhn, der Stuttgarter Oberbürgermeister. Ein Problem in der Landeshauptstadt sei, das zu viele Menschen mit dem Auto an den Arbeitsplatz fahren, sagte Kuhn.
Der Fahrradverkehr mache – nicht zuletzt wegen der Topografie – gerade mal sieben Prozent aus. „In anderen Städten sind dies 15 Prozent“, so Kuhn. Daimler sieht im Carsharing einen Lösungsweg; damit ist individuelle Mobilität ohne eigenes Auto gewährleistet. Im vergangenen Jahr hatte der Stuttgarter Autobauer in 26 Städte dieses Konzept eingeführt, mit zusammen 600 000 Nutzern. „Die Kunden nehmen das Konzept an“, sagte Weber. Wirtschaftlich sei es allerdings noch nicht; dafür seien die Preise nicht zuletzt für das vollelektrische Fahren zu nierig.
Sensoren bilden eine Art Schutzmantel
Doch mit immer mehr Verkehrsteilnehmern auf der Straße – neben Autos eben auch Fahrräder und Fußgänger – steigen auch die Sicherheitsanforderungen. Deswegen gebe es viele „fleißigen Helferchen“, die den Fahrer warnen und gegebenenfalls eine Notbremsung einleiten, sagte der Daimler-Forschungschef. Er meint damit eine Vielzahl von Sensoren, die das Geschehen rund ums Auto erfassen und quasi einen Schutzmantel bilden. Die Sensoren erfassen etwa spielende, im Augenblick unachtsame Kinder, die so wirksam geschützt werden können. Bosch-Geschäftsführer Wolf-Henning Scheider wies darauf hin, dass nahezu 90 Prozent aller Unfälle in Deutschland vom Fahrer verursacht würden – dank Sensoren kann diese Zahl deutlich sinken. Aber die Sensoren erfassen nicht nur lebensrettende Daten, sondern auch Informationen, die ein Fahrer lieber nicht erfasst wissen will. Weil Fahrerassistenzsysteme künftig auch Verkehrszeichen – wie Geschwindigkeitsbeschränkungen – erkennen, könnte theoretisch auch ein Abgleich mit der tatsächlichen Geschwindigkeit erfolgen. Zudem seien Autos nicht vor Hackern, Sabotage und Datendiebstahl gefeit. Dies berge ein riesiges Gefahrenpotenzial, so Weber. „Wir müssen uns ernsthaft um die Datensicherheit kümmern“.
Viele Daten verlassen das Auto überhaupt nicht. Beispiel Abstandsmessung zum voranfahrenden Auto – sobald der Motor ausgestellt wird, würden diese Informationen gelöscht, erläutert eine Daimler-Sprecherin. Andere Daten müssen freilich raus – immer dann, wenn zwei Autos sich gegenseitig etwa vor Gefahrenstellen wie Eisglätte oder Baustelle warnen. Bevor Daten ausgetauscht werden, würden sie allerdings über einen Sicherheitsserver verifiziert, so die Sprecherin. Und der stehe nicht etwa irgendwo im Ausland, sondern hier in der Region. „Die Daten geben wir nicht raus“, so die Sprecherin. Alle erfassten Daten – ob über die Autowartung, über Navigation oder Abstandsmessungen – laufen zudem auf unterschiedlichen Netzwerken; dies soll vor Hackern schützen. In modernen Autos befindet sich eine hohe einstellige Zahl solcher Bordnetze. Und dennoch ist die Thematik damit nicht beendet. „Die Autoindustrie braucht klare, einheitliche Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit“, forderte Bosch-Chef Volkmar Denner vor kurzem. Auch Weber fordert eine ernsthafte Debatte. Dabei sollte es unter anderem darum gehen, wem die erfassten Daten gehören – sind sie Eigentum des Autoherstellers oder des Autohalters?