Im Bereich des Automobilvertriebs findet eine immer stärkere Konzentration auf wenige große Firmen statt, weil sich das Geschäft wegen der geringen Margen für kleine Händler oft nicht mehr lohnt. Auch Opel Staiger hat mit der AVAG einen neuen Eigentümer.

Stuttgart - Der traditionsreiche Autohändler Opel-Staiger hat einen neuen Eigentümer. Die Augsburger Automobil-Vertriebs AG, kurz AVAG, übernimmt alle sieben Standorte in Stuttgart und der Umgebung – teils als Mieter, teils als Eigentümer. Der Staiger Stammsitz an der Nordbahnhofstraße wird dem neuen Wohnquartier Rosensteinviertel des katholischen Siedlungswerks erst später weichen als ursprünglich gedacht.

 

Die AVAG gehört zu den großen Kfz-Vertriebsgesellschaften der Republik – sie betreibt 137 Standorte. „Wir werden in den Umbau der Staiger-Autohäuser eine siebenstellige Summe investieren“, erklärt der Vorstandssprecher der AVAG, Roman Still. Opel-Staiger hat derzeit sechs Autohäuser und ein Teilelager. „Von den Autohäusern haben wir drei gemietet, bei den restlichen sind wir der Eigentümer“, erklärt Still. Zu den Kosten der Übernahme will er sich nicht äußern.

Der Abbruch des Staiger-Stammsitzes verzögert sich

Das Grundstück an der Nordbahnhofstraße gehört dem katholischen Siedlungswerk, das dort in den kommenden Jahren die 500 Wohneinheiten für das Rosensteinviertel erstellen will. Der erste Bauabschnitt, nördlich des Staiger-Geländes, soll bereits im Mai 2016 fertig werden, die Arbeiten haben begonnen. Der zweite Abschnitt auf dem Gelände des Autohändlers sollte ursprünglich Mitte kommenden Jahres begonnen werden. Nun heißt es aber: „Der Abbruch hat sich verschoben, nicht der Baustart.“ Das erklärt der Projektleiter Alexander Kentsch. „Weil die Zukunft von Opel-Staiger nicht geklärt war, wollten die das Gelände eigentlich schon 2015 verlassen“, so der Projektleiter weiter. Nun will Staiger doch noch eine ganze Weile an der Nordbahnhofstraße bleiben. „Wir suchen ein Grundstück für einen neuen Stammsitz“, erklärt der AVAG-Vorstandssprecher Still. Einen konkreten Zeitpunkt könne er derzeit aber nicht nennen“, sagt er und fügt an: „Es wird in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren soweit sein.“ Das passt grob zu den Aussagen des Siedlungswerks: „Anfang 2016 wollen wir den zweiten Bauabschnitt starten“, erklärt Projektleier Kentsch.

Corporate Identity steht im Vordergrund

Der Fall Staiger ist nicht ungewöhnlich für den Bereich Kfz-Vertrieb. Die Fahrzeuge werden entweder über eigene Niederlassungen der Hersteller oder über Vertragspartner wie Opel-Staiger vertrieben. Wie im innerstädtischen Einzelhandel gilt auch hier: „Für die kleinen Händler wird es zunehmend schwerer, die wachsenden Anforderungen der Hersteller zu erfüllen“, erklärt der Kreisvorsitzende der Kfz-Innung Region Stuttgart, Michael Mayer. In Sachen Vertrieb steht die Corporate Identity, also der Wiedererkennungswert des Konzerns, im Vordergrund. „Das geht los bei der Beleuchtung der Verkaufsräume, dem Bodenbelag oder den Möbeln und endet bei Öffnungszeiten und dem Vorhalten eines 24-stündigen Notfallservice. Das können kleine Händler alleine nicht leisten“, so Mayer.

Mercedes und BMW betreiben noch eigene Niederlassungen

Vertriebsgesellschaften wie die AVAG oder Konzerntöchter, die allein für den Vertrieb zuständig sind, haben somit klare Vorteile. „Wenn eine Gruppe das Monopol für eine Marke hat, kann sie beispielsweise den Notdienst für eine gesamte Region an einen Unternehmer vergeben und so Synergien schaffen.“ Die Übernahme von Opel-Staiger sei somit sinnbildlich für das, was sich in der Branche derzeit abspielt, erklärt der Kreisvorsitzende und nennt ein weiteres Beispiel: „Ein Großteil der Standorte für Audi und VW in der Region Stuttgart liefen früher unter dem Namen Hahn und Lang. Doch die haben vor einigen Jahren aufgegeben müssen.“ Da es sich ein Hersteller jedoch nicht leisten kann, einen so wichtigen Markt wie Stuttgart ohne Autohäuser zu belassen, wurde eine Vertriebsgesellschaft auf den Plan gerufen. „Eine solche Konzerntochter betreibt nun zum Beispiel das neue Audi-Zentrum an der Automeile“, so Mayer. Mercedes und BMW sind seiner Aussage nach die einzigen Marken, die ihre Niederlassungen noch selbst betreiben.

Die Marge für die Händler ist sehr gering

Dabei ist der Unterschied zwischen Niederlassung und Handelspartner im Grunde gering. „Die Händler verdienen nicht besonders viel, da die Marge, die bei ihnen verbleibt, gering ist“, sagt ein Kenner der Szene und fügt an: „Die Niederlassungen sind zum Teil Zuschussbetriebe.“ Michael Mayer bestätigt diese These: „Die Verträge von Niederlassungen und Handelspartnern unterscheiden sich nicht. Auch der hauseigene Vertrieb muss die Autos vom Hersteller einkaufen.“ Der Kreisvorsitzende kommt zu folgendem Fazit: „Sicher wird es auf dem Land noch vereinzelt kleine Händler geben.“ An den großen Märkten hätten diese jedoch kaum eine Chance.

Aus Sicht der Staigerbeschäftigten in Stuttgart ist das zweitrangig. Denn mit der Übernahme durch die AVAG sind ihre Arbeitsplätze vorerst gesichert. „Die rund 220 Mitarbeiter werden bleiben“, versichert Vorstandssprecher Still. Denn man habe sich schließlich in Stuttgart engagiert, um langfristig hier zu bleiben, fügt er hinzu.