Die deutschen Autohersteller können in China künftig ohne einheimisches Unternehmen produzieren. Dennoch bevorzugt die Staatsführung weiterhin chinesische Betriebe.

Peking - Xi Jinping hält sein Versprechen: Er öffnet die chinesische Wirtschaft für Investitionen von außen. Die Regierung in Peking hat am Dienstag bekannt gegeben, für Autohersteller den Zwang zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen aufzuheben. Bisher waren ausländische Anbieter verpflichtet, gemeinsam mit einem einheimischen Partner zu produzieren. Das sollte vor allem die Übertragung von Geschäftsgeheimnissen begünstigen.   Für die Herstellung von Elektroautos gilt die Neuregelung ab sofort, teilte das Planungsministerium am Dienstag mit. Ab 2020 gilt sie für Nutzfahrzeuge, ab 2022 für Pkw.

 

Die deutschen Anbieter zeigten sich in ihren ersten Reaktionen erfreut. „Wir begrüßen jede Öffnung und Liberalisierung des chinesischen Marktes“, sagte ein Volkswagen-Sprecher in Peking. Das Unternehmen werde nun genau analysieren, ob sich dadurch auch neue Optionen ergeben.   Die bestehenden Gemeinschaftsunternehmen sollen jedoch erhalten bleiben, wie von allen Anbietern zu hören war. „Wir sind zufrieden mit unserer erfolgreichen Aufstellung in China und mit unseren Partnerschaften“, teilte Daimler mit. Die Partnerschaft reicht schließlich oft schon Jahrzehnte zurück. Nicht nur die Herstellung, auch der Vertrieb ist eng verzahnt.

Audi hatte sich bereits Ärger eingehandelt, als er seinem alten Partner untreu geworden war

Dazu kommt die Sorge vor einer Rache der bisherigen Partner. Meist sind dies bestens vernetzte Staatsbetriebe. Audi hatte sich bereits Ärger eingehandelt, als er seinem alten Partner First Auto Works zum Teil untreu geworden war und eine zweite Partnerschaft mit einem Unternehmen aus Shanghai eingegangen ist. Eine vollständige Abwicklung dieser Strukturen erscheint also derzeit schwer vorstellbar.   Dennoch wird die Änderung die Landschaft der chinesischen Autoindustrie langfristig ändern. Für neue Projekte können die Anbieter dann hundertprozentige Töchter gründen – und sie parallel zu den alten Fabriken betreiben. Gerade in einer Zeit, in der die Mobilität sich in Richtung einer Dienstleistung wandelt, kann das von entscheidender Bedeutung sein.

Das Versprechen von „Reform und Öffnung“ steht schon lange, ohne dass sich etwas getan hat

Im Vordergrund steht jedoch zunächst die symbolische Bedeutung der Ankündigung. Präsident Xi hatte eine Öffnung des Marktes bereits dieser Tage in einer Rede erwähnt – doch das Versprechen von „Reform und Öffnung“ steht schon lange, ohne dass sich etwas getan hat. Die Aufhebung der Zwangs zu Joint Ventures ist derzeit ein zweifach schlauer Schachzug. Xi kann sich im Kontrast zu Donald Trump als Liberalisierer darstellen, der den freien Wirtschaftsaustausch hochhält. Und er verbessert die Beziehungen zur EU und Japan, die sich lange über die restriktive Handhabung ihrer Investitionen geärgert haben.   Der überfällige Schritt sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass China seine Wirtschaft weiterhin abschottet. Es sind dabei gar nicht mal besonders hohe Zölle oder restriktive Gesetze, die den ausländischen Wettbewerbern das Leben schwer machen, sondern informelle Regeln. Ein Beispiel ist die IT-Industrie. Um in China die Lizenz für den Betrieb einer kommerziellen Webseite zu erhalten, muss diese sich vollständig der Zensur unterwerfen. Google war dazu seit 2010 nicht mehr bereit und hat den Markt daher verlassen. Andere Unternehmen fürchten um ihre Kundendaten in der Cloud, wenn diese in China liegen – der Einbau einer Hintertür für die Behörden ist Pflicht. Sie müssen auch die Mechanismen für die Verschlüsselung offenlegen. Offiziell dient das der Terrorbekämpfung.

In Bank- und Finanzdiensten oder Software gilt weiter eine klare Bevorzugung der chinesischen Firmen und ein Zwang zum Techniktransfer. Die Autoindustrie erlebt dagegen nun die Befreiung – vermutlich weil sie bis 2022 alle ihre Geheimnisse bereits preisgegeben haben wird.