Um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein, investieren Autokonzerne wie Daimler Milliarden. Der Fokus liegt dabei auf der Elektromobilität. Mit ihren hohen Investitionen haben die deutschen Autobauer die Konkurrenz aus dem Ausland überholt.

Frankfurt - Die weltweite Autoindustrie befindet sich im Umbruch – und gerade die deutschen Autokonzerne arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, ihre Produktionsstätten fit für die neuen Herausforderungen der neuen Automobilwelt zu machen“, sagte Mathieu Meyer, Partner der Stuttgarter Unternehmensberatung EY in Frankfurt. Nach einer Studie, für die die Berater die weltweite Investitionstätigkeit der 16 größten Automobilhersteller in den Jahren 2010 bis 2017 analysiert haben, hat der Standort Deutschland dabei im vergangenen Jahr China als zweitgrößter Investitionsstandort überholt. Allein 2017 investierten die deutschen Hersteller 12,3 Milliarden Euro in ihrem Heimatland – wobei dabei allerdings auch die in dem Jahr angekündigten Investitionen berücksichtigt wurden. Alles in allem haben die Konzerne 2017 Projekte im Wert von 27,4 Milliarden Euro angekündigt, das waren 68 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

 

Deutlicher Schwerpunkt neben der Erweiterung und Modernisierung von Werken war die Vorbereitung auf die Elektromobilität. Allein in den vergangenen zwei Jahren hätten die 16 Konzerne 25 konkrete Projekte im Wert von 5,2 Milliarden Euro für diese neue Antriebsart angestoßen, 4,2 Milliarden davon im vergangenen Jahr. Die drei deutschen Autohersteller hätten sich dabei als besonders aktiv herausgestellt: 15 Projekte im Umfang von 4,7 Milliarden Euro wurden seit Anfang 2016 von Volkswagen, BMW und Daimler gestartet. Der Löwenanteil davon (3,2 Milliarden) soll nach Deutschland gehen, gefolgt von China (knapp eine Milliarde) und den USA, in der die deutschen Hersteller knapp 900 Millionen Euro in die Elektromobilität investieren wollen.

Gegen Strafzölle

Vor dem Hintergrund des großen Engagements der deutschen Hersteller in den Vereinigten Staaten wäre die Einführung von Strafzöllen auf deutsche Autos, wie sie derzeit von US-Präsident Donald Trump ins Spiel gebracht werden, nach Ansicht von EY-Partner Peter Fuß kontraproduktiv. Es gebe zwar ein Ungleichgewicht, weil die Amerikaner bei Importen nur 2,5 Prozent an Einfuhrzoll auf Autos erheben, die Europäer dagegen zehn Prozent für amerikanische Autos, aber die deutsche Autoindustrie habe auch bewiesen, dass sie bereit ist, in den Vereinigten Staaten Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings würden nur rund 40 Prozent der dort produzierten Autos auf den US-Markt gehen. Insgesamt seien die Strafzölle nicht als gesondertes Problem der Autoindustrie zu sehen, betonten die EY-Partner. Es gehe um einen politischen Streit, der nur im Gesamtpaket zu lösen sei.

„Der Elektroantrieb wird mittelfristig massiv an Bedeutung gewinnen“, betonte Fuß. „Ab 2019 gilt in China eine Zehn-Prozent-Quote für Elektroautos. Um auf diesem Markt – dem größten für die deutschen Autokonzerne – weiter eine Rolle spielen zu können, muss das Angebot an Elektroautos erheblich ausgeweitet werden.“ So gut wie alle großen Autokonzerne hätten angekündigt, in den kommenden Jahren neue Elektromodelle auf den Markt zu bringen. „Derzeit sind die Marktanteile auf allen Märkten zwar noch sehr überschaubar – aber das wird sich ändern, und China wird den Anfang machen“, sagte Fuß.

Kaufanreiz für Benziner

Die aktuelle Diskussion über die Schadstoffe der Dieselmotoren werde diese Entwicklung zwar unterstützen, sich aber kurz- und mittelfristig nicht gravierend auswirken. Auf dem Automobilsalon in Genf etwa würden viele Hersteller nach wie vor neue Dieselmodelle präsentieren, was darauf schließen lasse, dass sie diese Antriebsart nicht einfach aufgeben wollen. Wichtig sei es jetzt für die Hersteller, das Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen. Grundsätzlich sei die Diskussion aber auch ein Kaufanreizprogramm für Benzinmotoren, sagte EY-Partner Meyer. Die Entwicklung moderner Motoren habe einige Vorteile des Diesels heute bereits deutlich verringert, vor allem beim Benzinverbrauch und der Reichweite.

Die steigende Bedeutung der Elektromobilität werde zu massiven Veränderungen der Wertschöpfungskette und bei den Investitionsplanungen führen, sagte Meyer. „Die Karten werden jetzt neu gemischt. Die aktuelle Elektrooffensive der deutschen Konzerne gibt Anlass zu der Hoffnung, dass Deutschland auch in Zukunft ein großes Stück vom Kuchen der weltweiten Autoproduktion behalten kann.“

Das meiste Geld für neue Fabriken oder Modernisierungsmaßnahmen floss seit 2010 in die USA (38,1 Milliarden Euro), nach Deutschland (35,3 Milliarden Euro) und nach China (27,2 Milliarden Euro) – wobei im Fall Chinas zu berücksichtigen ist, dass Investitionen chinesischer Autokonzerne nicht Teil der Analyse sind. Nachdem bis 2012 noch erhebliche Investitionen in den Schwellenländern getätigt worden waren, waren in den vergangenen Jahren eher die etablierten Industrieländer im Fokus der Autokonzerne.