Die grüne Bundesspitze will Verbrennungsmotoren ab 2030 verbieten. Das Festhalten an Benzin- und Dieselautos schade dem Klimaschutz. Aber die Landesgrünen in Stuttgart sind dagegen – gemeinsam mit der Autoindustrie.

Stuttgart - Die am Donnerstag bekannt gewordenen Pläne des Bundesvorstands der Grünen für ein Verbot der Neuzulassung von Autos mit Benzin- und Dieselmotoren vom Jahr 2030 an sind auf Widerstand gestoßen – sowohl bei der grün geführten Landesregierung in Stuttgart, als auch in der Autoindustrie. Das Staatsministerium in Stuttgart ließ gestern eine Meldung verbreiten, wonach es „zeitliche Vorschriften für die Automobilindustrie“ ablehne. „Mit terminlichen Vorgaben arbeiten wir nicht“, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Die grün-schwarze Landesregierung von Winfried Kretschmann betreibe eine Wirtschaftspolitik „in enger Kooperation mit der Autoindustrie“.

 

Auch der Verband der Deutschen Autoindustrie (VDA) reagierte harsch auf den Vorstoß der Bundes-Grünen. „Wenn heute – politisch motiviert – das Ende des Verbrennungsmotors im Jahr 2030 gefordert wird, dann ist das weder klimapolitisch, industriepolitisch noch sozialpolitisch sinnvoll. Das geht auf keinen Fall, und das geht in keinem Industrieland der Welt“, teilte der VDA mit.

Selbst bei der Elektromobilität führende Unternehmen gingen davon aus, dass 2030 noch zwei Drittel der Neuwagen mit Verbrennungs- oder Hybridmotoren fahren werden. Aus dem Verkauf der Autos mit „klassischem Antrieb“ müssen die Unternehmen die Investitionen in alternative Antriebe finanzieren. Wenn die Politik diese „Quelle“ zuschütte, werde der Weg zur Mobilität von morgen verbaut. Die Politik könne Rahmenbedingungen setzen, sie dürfe der Wirtschaft aber keine Technologievorgaben machen, meint der vom ehemaligen CDU-Politiker Matthias Wissmann geleitete VDA. Und er fügt hinzu, dass die deutsche Autoindustrie bei der Elektromobilität weltweit führend sei. „Wer etwas anderes behaupten sollte, ist nicht auf dem aktuellen Stand.“

Deutschland soll vorangehen, sagen die Grünen

Bei der Grünen-Bundesspitze sieht man das ganz anders. Der Bundesvorstand, zu dem auch die Parteichefs Simone Peter (Saarbrücken) und Cem Özdemir (Stuttgart) gehören, hat für den Grünen-Parteitag im November in Münster einen Antrag mit dem Titel „Energiewende retten, Verkehrswende einleiten“ formuliert. Unter dem Stichwort „Verbrennungsmotoren abschalten“ heißt es darin: „Wir Grüne wollen, dass Deutschland vorangeht und das Jahr 2030 als Zeitpunkt definiert, ab dem kein Auto mit Verbrennungsmotor neu zugelassen wird.“ Damit schaffe man „Planungssicherheit“ für die Unternehmen. Mit dem Festhalten an Benzin- und Dieselautos habe sich die Autoindustrie in eine Sackgasse manövriert.

„Von Norwegen bis Österreich werden in Europa gesetzliche Auslaufdaten für Verbrennungsmotoren diskutiert“, sagen die Grünen. In Norwegen hätten Elektroautos bereits einen Marktanteil von 23 Prozent, in Deutschland seien es weniger als ein Prozent. Anders als der VDA sehen die Grünen bei der Produktion von Elektroautos „einen großen Vorsprung“ bei Herstellern in China, Japan und den USA. Der Vorstoß der Grünen gegen die Verbrennungsmotoren ist nicht ganz neu, ist aber verschärft worden: Schon im Januar diesen Jahres hatte die Grünen-Bundestagsfraktion in ihrer „Weimarer Erklärung“ zum Klimaschutz gesagt: „Wir wollen weg vom Öl in den nächsten 20 Jahren.“ Das wäre also erst 2036 gewesen.

Ein Netz von Radfernwegen wird gefordert

Die Grünen erwarten von der Beschleunigung der Energiewende einen wichtigen Impuls, den weltweit vereinbarten Abschied von fossilen Brennstoffen – die Dekarbonisierung – bis 2050 zu schaffen. Damit soll die Erderwärmung auf unter zwei Grad in den nächsten Jahrhunderten begrenzt werden. In seinem Energiewende-Antrag fordert der Bundesvorstand: „Deutschland muss jetzt durchstarten.“ So wird ein neues Erneuerbare-Energie-Gesetz verlangt, dass den „Deckel“ für Strom aus Wind, Solar und Biokraft aufhebt. Auch solle in der nächsten Legislaturperiode „das Ende des Kohlezeitalters“ eingeleitet werden. Mobilität müsse „intelligent vernetzt“ werden. Gefordert wird auch „eine Offensive für die Bahn“ und ein bundesweites Netz „hochwertiger“ Radfernwege.