Obwohl Bosch sich zurückzieht, plant das Land, den Aufbau von Produktionskapazitäten zu fördern.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann will mit einem Millionenaufwand von Bund und Land die Fertigung von Batteriezellen in Baden-Württemberg anstoßen. „Um die heutigen Wertschöpfungsanteile in den klassischen Prozessketten des Automobils mit Blick auf die zukünftigen Wertschöpfungsketten mindestens zu erhalten, muss sich eine entsprechende Produktion von elektrischen Speichern im Land etablieren“, heißt es in einer Kabinettsvorlage des Staatsministeriums, die unserer Zeitung vorliegt. Den Löwenanteil der Investitionen von mehr als 80 Millionen Euro erhofft sich der Grünen-Politiker vom Bundesforschungsministerium. Der Finanzierungsanteil des Landes soll in den nächsten drei Jahren bis zu 20 Millionen Euro betragen.

 

Bosch ist ausgestiegen

Als Partner nennt die Regierungszentrale neben dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (Stuttgart) das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (Stuttgart/Ulm) sowie den Ellwangener Batteriekonzern Varta. Kretschmann, der am kommenden Mittwoch zu dem Thema im Landtag eine Regierungsinformation geben will, überrascht mit seinem Vorstoß, denn die großen Unternehmen der Automobilbranche stehen der Fertigung von Batteriezellen reserviert gegenüber. Erst vor wenigen Wochen hatte Bosch seinen Rückzug aus der Batteriezellenforschung und -produktion bekannt gegeben und dafür wirtschaftliche Gründe ins Feld geführt.

Die grün-schwarze Landesregierung jedoch sieht „insbesondere in den Bereichen Batteriezellenproduktion sowie Prüfung und Zertifizierung raschen Handlungsbedarf für den Standort Baden-Württemberg“. Deshalb befürwortet sie die Förderung von zwei Projekten auf diesem Feld. Bei dem einen geht es darum, eine „massentaugliche und wettbewerbsfähige Produktionstechnologie nach Industrie 4.0-Prinzipien“ zu entwickeln. Da durch die stetige Weiterentwicklung der Batterietechnologie noch nicht absehbar sei, welche Systeme sich durchsetzen, müsse eine zukunftsfähige Fertigung hochflexibel sein, heißt es über das Projekt, zu dem das Land acht Millionen Euro beitragen will.

Geld für weitere Pilotprojekte

Zwölf Millionen Euro will das Land für das zweite Projekt, den Aufbau eines „europäischen Prüf- und Kompetenzzentrums Batterien und Energiespeicher“ beisteuern. Geplant ist, dass der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik e. V. (VDE) dies in Kooperation mit verschiedenen Forschungseinrichtungen in Freiburg errichtet. Das Bundesforschungsministerium habe bereits eine hälftige Finanzierung in Aussicht gestellt, heißt es.

Im Rahmen des von Kretschmann vor gut einem Jahr angestoßenen „Strategiedialogs Automobilwirtschaft“ will das Land in diesem und im nächsten Jahr zusätzlich 20 Millionen Euro für Pilotprojekte investieren. So soll den kleinen und mittelgroßen Unternehmen im Land eine Art Technologiekalender zu Verfügung gestellt werden, an dem diese „eine aktuelle und transparente Einschätzung des Verlaufs des technologischen Wandels“ ablesen können. Mit dem „Strategiedialog“ will die Politik die Transformation der Branche im engen Schulterschluss mit Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeitnehmern und Zivilgesellschaft begleiten und mitgestalten.