In einem Stadtteil von Karlsruhe wird Automobilität erprobt. Die Shuttlebusse können per Handy gerufen werden und sind gedacht für „die letzte Meile“ bis zur Straßenbahnhaltestelle. Das Projekt ist erkennbar noch im Versuchs- und Lernstadium.

Karlsruhe - Sie heißen Ella, Vera und Anna und sollen ein visionäres Mobilitätskonzept ermöglichen. EVA-Shuttle nennt sich das Projekt mit drei elektrisch betriebenen Minibussen, das von dem Forschungszentrum Informatik (FZI) und dem Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) organisiert wird: im Rahmen des Testfelds Autonomes Fahren Baden-Württemberg.

 

Fast lautlos fährt das Shuttle Ella am nördlichen Ende der Neckarstraße an. Das Rollgeräusch der Reifen ist knapp über Schrittgeschwindigkeit kaum hörbar. Die Ingenieure des Forschungszentrums Informatik erklären einem Vertreter des Bürgervereins im Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock die Funktionen. Joachim Hornuff ist einer der ersten Fahrgäste im Shuttle Ella.

EVA steht für „Elektrisch“, „Vernetzt“ und „Automatisiert“

„Wenige Läden, viele Wohnungen – das ist ein Musterstadtteil für die nachhaltige Mobilität“, zeigt der Vereinsvorsitzende sich begeistert. Das Projekt EVA-Shuttle sorgt für Gesprächsstoff. Seit dieser Woche sind die Elektro-Minibusse im Einsatz. EVA steht für „Elektrisch“, „Vernetzt“ und „Automatisiert“. Und für ein Konzept „der letzten Meile“ bis zur Straßenbahnhaltestelle – oder eben zum Einkaufen. Mit einer eigens entwickelten App, die auf Apple- und Android-Geräten nutzbar ist, kann das Vehikel bis vor die eigene Haustür geordert werden. „On demand“ nennt sich das System – vergleichbar mit den in den 1980er Jahren erstmals genutzten Rufbussen.

Nur eben mit dem markanten Unterschied, dass die Karlsruher EVA-Shuttles in nicht allzu ferner Zukunft selbsttätig – voll autonom und ohne Busfahrer – angerollt kommen sollen. Und anders als bei bislang schon erfolgten Feldversuchen, etwa während der Sommermonate bei der Landesgartenschau 2018 in Lahr, nicht statisch auf einer fest einprogrammierten, überschaubar kurzen Route verkehren. Von einer „virtuellen Schiene“ spricht dabei der EVA-Projektleiter Daniel Grimm. Im Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock, der etwa drei Quadratkilometer misst und knapp 6000 Einwohner zählt, sind dagegen einige Dutzend Straßenkilometer in Rechnern digitalisiert.

Kameras und Sensoren tasten fortlaufend die Umgebung ab

Es sind enorme Speicherkapazitäten dafür notwendig auf den zentralen Servern des Karlsruher Forschungszentrums Informatik. Die Kameras und Sensoren des Shuttles tasten fortlaufend die Umgebung ab und vergleichen den Straßenverlauf mit den gespeicherten Standortdaten. Das Shuttle passt seine Geschwindigkeit automatisch dem Straßenquerschnitt an. Bei etwa 40 Zentimeter Abstand zum linken und rechten Fahrbahnrand – oder zu den parkenden oder entgegenkommenden Autos –, reduziert das Elektromobil seine Fahrt auf maximal sechs Stundenkilometer. Tempo zwölf ist das Maximum, mit dem Ella fahren kann.

Etwas verwunschen wirkt derzeit das Straßenbild in dem Karlsruher Stadtteil mit den in voller Üppigkeit blühenden Zierkirschen. Wenn es freilich bei dem aktuell typischen Aprilwetter Graupel- oder Schneeschauer gäbe, sagt FZI-Projektleiter Daniel Grimm, wäre das Fahren vorübergehend einzustellen. Ella kommt damit (noch) nicht zurecht.

„Da wäre dann auf dem Bildschirm nur ein Schleier zu sehen, die Fahrt müsste gestoppt werden“, meint der junge Maschinenbauingenieur. Das Projekt ist erkennbar noch im Versuchs- und Lernstadium. Bis Ende April werden die Busse zunächst jeden Tag von 9 bis 16 Uhr unterwegs sein, ab Mai dann von 8 bis 17 Uhr. Grimm warnt im Übrigen noch vor allzu optimistischen Prognosen: Bis die Minibusse einmal komplett fahrerlos durch einen Karlsruher Stadtteil pendeln, werden „noch mindestens sieben Jahre ins Land ziehen“, räumt er ein.